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Flöttl: "Falsche Investmententscheidung"

Nachdem die Richterin den Verhandlungsplan für die restliche Woche bekannt gegeben hatte, wurde Wolfgang Flöttl in Abwesenheit der übrigen Angeklagten einvernommen.

Er sollte das Zustandekommen der Spekulationsverluste erläutern, welche die BAWAG beinahe die Existenz gekostet hatten, und darüber hinaus die Frage beantworten, wer daran die Schuld trage. Diesbezüglich bemerkte der 52-Jährige zunächst: „Es war der Versuch, Verluste mit weiteren Investments wettzumachen.“

Flöttl verwies darauf, für die BAWAG „elf Jahre lang richtig investiert“ zu haben. Er wolle sich daher grundsätzlich kein „schlechtes Judgement“ nachsagen lassen. Ob ihm ein Vorwurf für die inkriminierten, der BAWAG abhanden gekommenen 1,44 Mrd. Euro zu machen sei, wollte Richterin Claudia Bandion-Ortner wissen. „Das muss ich dem Gericht überlassen“, meinte Flöttl. Nach kurzem Bedenken räumte er eine „falsche Investmententscheidung“ ein.

Mit Yen verloren

Die Befragung von Wolfgang Flöttl wurde immer wieder von Zurufen einiger Journalisten unterbrochen, die angesichts der nach wie vor katastrophalen Akustik im Großen Schwurgerichtssaal wesentliche Passagen nicht oder nur teilweise mitbekamen. „Lauter!“ oder „Man versteht nichts!“, tönte es von den Zuhörerrängen. Zu Beginn der Einvernahme wurde Flöttl darüberhinaus von Fräs- und Schleifgeräuschen übertönt, die auf Bauarbeiten im Gerichtskomplex zurückzuführen waren.

Der 52-jährige Sohn des Elsner-Vorgängers als BAWAG-Generaldirektor, Walter Flöttl, stellte einleitend fest, von 1987 bis 1994 für die Bank „Sondergeschäfte“ getätigt zu haben. Diese Spekulationsgeschäfte habe er „mit Erfolg abgeschlossen“. Ein Jahr später habe ihn der neu bestellte BAWAG-Chef Helmut Elsner wieder angesprochen, „Erträge für die Bank zu finden“, wie Flöttl formulierte.

Flöttl investierte ab 1995 in verschiedene Anlagestrategien wie zum Beispiel Merger-Arbitrage und Zinsdifferenzgeschäfte. Bis August 1998 ging laut Anklage alles gut. Dann setzte Flöttl jedoch ausschließlich auf den fallenden Yen.

Das hätten „viele Investoren“ gemacht, gab Flöttl zu Protokoll, doch unerwartet seien „Schwierigkeiten, die es seit 1945 nicht mehr gegeben hat“ eingetreten. Die Russland-Krise und die asiatische Finanzkrise hätte nicht eingeschätzt werden können. Es sei zu den berühmten Einbrüchen gekommen, von denen auch die von Nobelpreisträgern geführte Long Term Capital Management (LTCM) betroffen gewesen sei. „Diese Leute galten als absolute Genies“, so Flöttl. Diese Leute hätten jahrelang als erfolgreiche Investoren gegolten, dann hätten sich in zehn Tagen 4 Mrd. Dollar (2,9 Mrd. Euro) in Nichts aufgelöst. Dies habe auch zu einer großen Finanzkrise an der Wall Street geführt, auch der berühmte Investor George Soros habe große Verluste erlitten.

Der Yen habe sich um 25 Prozent gegenüber dem Dollar abgewertet. „Dank dieser gewaltigen Währungsbewegung ist uns in wenigen Tagen dieser Verlust passiert“, konstatierte Flöttl. In Zahlen ausgedrückt, hatte die BAWAG in den ersten Oktobertagen 1998 639 Mio. US-Dollar verloren, Flöttl selbst, der mit seinem Privatvermögen auf dieselbe Währungsentwicklung gesetzt hatte, 120 Mio. US-Dollar.

Flöttl betonte, für die BAWAG-Gelder keine persönliche Haftung übernommen zu haben. Dessen ungeachtet sei ihm seitens der Bank „nahegelegt“ worden, seine Kunstsammlung sowie Liegenschaften zur Besicherung der BAWAG “überzuführen“. Man habe ihm seine „im deutschen Sprachraum einzigartige Kunstsammlung abgenommen“, sagte Flöttl. „Ich bin nicht zur BAWAG gegangen, sondern die Kunstsammlung wurde mir unter Druck abgenommen“, so Flöttl. In weiterer Folge sei versucht worden, die Verluste wettzumachen, die Währungsrelation Dollar zu Yen habe sich aber nicht – wie erhofft – verbessert. „Bis zum 16. Oktober war alles zu Ende“.

Die BAWAG beschloss daraufhin bei einer Vorstandssitzung am 26. Oktober 1998 mehrheitlich – einzig Christian Büttner sprach sich dagegen aus, weiter in Flöttl zu investieren -, diesem zusätzliche Mittel zukommen zu lassen, der nach wie vor auf einen gegenüber dem US-Dollar fallenden Yen hoffte. Er habe das verlorene Vermögen „in fünf, sechs Jahren zurückverdienen“ wollen, bemerkte der Investmentbanker. Die Idee sei gewesen, dass sich der Dollar nach der starken Bewegung des Yen wieder erholen sollte. „Wenn sich der Dollar nur um 10 Prozent zurückbewegt hätte, wären die gesamten Verluste ersetzt worden“, so Flöttl. Diese Pläne seien „leider nicht aufgegangen“, bedauerte er.

Flöttls Optionsstrategie kostete die BAWAG zunächst weitere 477 Mio. US-Dollar. Dennoch wurde Flöttl laut Anklage vom „kleinen Kreis der Eingeweihten“ in der BAWAG – neben Elsner Johann Zwettler und Peter Nakowitz – noch einmal mit 430 Mio. Euro ausgestattet, mit denen er die bis dahin eingetretenen Verluste von 1 Mrd. Euro ausgleichen sollte. Doch auch die sogenannte Uni-Bonds-Phase ging daneben. Mit den Worten von Staatsanwalt Georg Krakow, wie sie in die Anklageschrift Eingang gefunden haben: „Bis Mitte November 2000 steht endgültig fest: Die Katastrophe ist perfekt.“

„Sämtliche Gelder mit Ausnahme von 13 Mio. US-Dollar sind verlorengegangen. Die waren am Ende noch da. Der Rest ist verloren“, bilanzierte Flöttl vor dem Schöffensenat.

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