Finnland: "Keine neuen Bedingungen"
Wir suchen nicht nach neuen Bedingungen, sagte der finnische EU-Botschafter Eikka Kosonen am Dienstag in Brüssel. Wohl aber müssten die bestehenden Bedingungen eingehender betrachtet werden. Diese Debatte ist notwendig, betonte der Diplomat.
Die für den EU-Gipfel im Dezember vorgesehene generelle Debatte zur EU-Erweiterung und zur Aufnahmefähigkeit der Union sei eine ganz entscheidende Frage für die Europäische Union, unterstrich Kosonen. Die EU-Kommission soll im Herbst einen Bericht für die Definition der Aufnahmefähigkeit vorlegen, der die Grundlage für die Diskussion bildet. EU-Ratsvorsitzender Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) hatte beim vergangenen EU-Gipfel Mitte Juni versucht, die EU-Aufnahmefähigkeit explizit als Kriterium für künftige Beitritte festzuschreiben, fand damit aber keine Unterstützung von den anderen Mitgliedstaaten. Finnland übernimmt am 1. Juli die halbjährliche EU-Ratspräsidentschaft von Österreich.
Finnland will laut Kosonen außerdem den Übergang von Einstimmigkeits- zu Mehrheitsentscheidungen in der Justiz- und Innenpolitik, etwa bei EU-Entscheidungen zur verstärkten Polizeizusammenarbeit, vorantreiben. Wir wollen sicher dorthin gelangen. Ob dies gelinge, sei aber unklar. Wir glauben, dass jeder davon profitieren würde, wenn wir die Entscheidungsfindung auf Basis der bestehenden Verträge verbessern. Der Übergang zu Mehrheitsentscheidungen würde eine Abschaffung der nationalen Vetos bedeuten und dem EU-Parlament mehr Mitentscheidungsrechte einräumen. Deutschland, das nach Finnland den EU-Ratsvorsitz übernimmt, hat sich gegen einen solchen Schritt ausgesprochen.
In Hinblick auf die im Herbst anstehende endgültige Entscheidung zu Rumänien und Bulgarien sagte der Botschafter, er hoffe, dass beide Länder den angepeilten Beitrittstermin Anfang 2007 einhalten können. Die EU nehme sowohl ihre Zusagen, als auch die von ihr aufgestellten Bedingungen sehr ernst.
Die Auseinandersetzungen um Zypern im Zusammenhang mit den EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei nannte Kosonen schwierig. Der Fortschritt in den Verhandlungen hänge auch von der Türkei ab, die nach der Forderung der EU bis Jahresende ihre Flug- und Seehäfen für Zypern öffnen muss. Ich hoffe nicht, dass es zu einem Zugunglück kommt, sagte der Botschafter in Anspielung auf die jüngste Warnung von EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn an Ankara. Aber das liegt nicht nur an der Präsidentschaft und an der Union.
Auch Serbien müsse die von der EU gestellten Bedingungen einhalten, mahnte Kosonen in Hinblick auf die von der Union geforderte volle Zusammenarbeit mit dem UNO-Kriegsverbrechertribunal. Er hoffe, dass die wegen der Nicht-Auslieferung des mutmaßlichen Kriegsverbrechers Ratko Mladic ausgesetzten Verhandlungen über ein Stabilisierungs- und Assoziationsabkommen so schnell wie möglich wieder aufgenommen werden könnten. Auch wolle die EU mit Serbien über Visa-Erleichterungen verhandeln. Es gibt Wege, auf denen wir vorangehen können. Aber das hängt auch von der Einhaltung von Zusagen und Bedingungen ab.
Eine Debatte über die Energieversorgung werden die EU-Staats- und Regierungschefs im Oktober beim informellen Gipfel in Lahti mit dem russischen Präsidenten Wladmir Putin führen, kündigte der Diplomat an. Finnland wolle generell die Beziehungen der Union zu Russland verbessern, nicht nur wegen der Energiefrage. Keine endgültige Lösung erwartet Kosonen dagegen in der Diskussion um die Zukunft der EU-Verfassung. Finnland habe vom vergangenen EU-Gipfel aber den Auftrag erhalten Gespräche dazu mit allen Mitgliedstaaten vorzubereiten. Nach dem Beschluss der EU soll die deutsche Ratspräsidentschaft Mitte 2007 einen neuen Fahrplan zur Verfassungsdebatte vorlegen.