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Finanzkrise verschärft den Ton im US-Wahlkampf

Nach dem Scheitern des Rettungspakets für die Finanzmärkte im US-Repräsentantenhaus und dem anschließenden Börsenabsturz wird der Ton im amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf deutlich schärfer.

Beide Kandidaten machten einander gegenseitig für das Desaster verantwortlich. Der demokratische Kandidat Barack Obama warf seinem republikanischen Rivalen John McCain vor, seit 20 Jahren gegen eine Regulierung des Finanzsystems gekämpft zu haben. McCain konterte, Obama stelle nicht das Land, sondern seine persönlichen Ziele an die erste Stelle.

Nachdem der Dow-Jones-Index um nahezu 780 Punkte abstürzte – dem größten Verlust nach Punkten aller Zeiten – ließ McCain seinen Wirtschaftsberater Doug Holtz-Eakin zunächst mitteilen, das sei die Schuld von Obama und den Demokraten. Im Repräsentantenhaus stimmten allerdings zwei Drittel der Republikaner gegen das 700-Milliarden-Dollar-Paket – von den Demokraten waren 40 Prozent dagegen.

McCain sagte dazu und zum Statement seines Beraters: “Jetzt ist nicht die Zeit für Schuldzuweisungen, es ist die Zeit, das Problem zu lösen.” Obama und den Demokraten warf er später vor, einen unnötigen Parteienstreit in die Diskussion hineingebracht zu haben. McCain rief die Abgeordneten auf, sofort wieder an die Arbeit zurückzukehren, um die notwendige Gesetzgebung zu verabschieden.

Obama stellte McCain unterdessen auf Wahlkundgebungen als einen Politiker da, der seit Jahren für die Deregulierung im Finanzwesen gewesen und deshalb mitverantwortlich für die Krise sei. McCain habe “gegen Regulierungen nach dem gesunden Menschenverstand seit Jahrzehnten gekämpft, allein in diesem Jahr hat er 20 Mal weniger Regulierung gefordert und kürzlich in einem Interview gesagt, Deregulierung habe sogar unserem Wirtschaftswachstum geholfen. Senator, von welcher Wirtschaft sprechen Sie?” Die USA könnten es sich nicht leisten, dass McCain diese Politik als Präsident fortsetze.

Seit der Verschärfung der Finanzkrise durch den Zusammenbruch der Investmentbank Lehman Brothers vor zwei Wochen liegt Obama in Umfragen deutlich vor McCain. In einer Befragung des Instituts Gallup sprachen sich 50 Prozent für den Demokraten und 42 Prozent für McCain aus.

McCain hat zwar versucht, sich als Kandidat zu präsentieren, der die Finanzmärkte kontrollieren könne, während er Ausgaben und Steuern kürze und so die Bürger entlaste. Mit Obama drohe eine Ära hoher Steuern und wachsender Ausgaben, erklärte er. Gegen McCain spricht aber seine bisherige Arbeit für eine weitere Deregulierung. Hinzu kamen unglückliche Äußerungen wie die am Tag der Lehman-Pleite, als er erklärte, die US-Wirtschaft sei im Grunde stark.

US-Präsident George W. Bush äußerte sich enttäuscht über das Scheitern des 700 Milliarden Dollar schweren Pakets zur Rettung der Finanzmärkte. Vor Journalisten sagte er am Montag: “Unsere Strategie ist es, sich weiter frontal mit dieser wirtschaftlichen Situation zu befassen. Wir arbeiten daran, eine Strategie zu entwickeln.”

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