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FIFA-Ethikkommission suspendiert Blatter und Platini

Beide Spitzenfunktionäre für 90 Tage suspendiert
Beide Spitzenfunktionäre für 90 Tage suspendiert
Im größten Beben der Fußball-Geschichte hat es nun auch Joseph Blatter und Michel Platini erwischt. Die FIFA-Ethikkommission sperrte den Fußball-Weltverbandspräsidenten und den UEFA-Chef vorläufig für jeweils 90 Tage. Während dieser Zeit seien beide Top-Funktionäre von allen Fußball-Aktivitäten auf nationaler und internationaler Ebene ausgeschlossen, teilte die rechtsprechende Kammer mit.

Der Bann könne noch um maximal 45 Tage ausgedehnt werden. Die Sanktionen seien Resultate der Ermittlungen der Ethik-Untersuchungskammer, detaillierte Gründe darf das Gremium nach der erfolgten Entscheidung am Donnerstag nicht veröffentlichen. Nach der Sperre gegen Blatter vertritt ihn laut Satzung vorerst Vizepräsident Issa Hayatou aus Kamerun im höchsten FIFA-Amt.

Der vorläufig gesperrte FIFA-Präsident Blatter plädiert weiter auf nicht schuldig und bemängelt das Vorgehen der Ethikhüter des Fußball-Weltverbands. “Präsident Blatter ist enttäuscht, dass die Ethikkommission nicht dem Ethik- und Disziplinarcode gefolgt ist, die beide die Möglichkeit schaffen, angehört zu werden”, teilte der Schweizer am Donnerstag über seine Anwälte mit.

“Die Entscheidung der Ethikkommission basiert auf einem Missverständnis der Aktionen der Schweizer Bundesanwaltschaft”, hieß es in der Stellungnahme der Rechtsvertreter Lorenz Erni, Erni Brun Forrer und Richard Cullen weiter. Die Schweizer Behörde hatte vor zwei Wochen ein Strafverfahren gegen Blatter eröffnet.

“Die Ermittler sind vom Gesetz verpflichtet, den Fall einzustellen, wenn ihre Untersuchung, die gerade einmal zwei Wochen alt ist, keinen hinreichenden Beweis erbringt”, schrieben die Anwälte. “Präsident Blatter erwartet die Möglichkeit, Beweise zu präsentieren, dass er nicht an irgendeinem kriminellen Fehlverhalten beteiligt war.”

Blatter wird binnen zwei Tagen wohl keinen Einspruch einlegen. “Nein, es hat gar keinen Sinn das zu strecken”, sagte Blatters Berater Klaus Stöhlker. “Er wurde jetzt fußballerisch gesagt an die Seitenlinie gestellt und er wird in 90 Tagen wieder da sein, denn er muss den großen FIFA-Kongress vorbereiten. Es spricht nichts dagegen, die Sperre kann 45 Tage verlängert werden, aber das ändert nichts.” Am 26. Februar soll beim Wahlkongress in Zürich der Nachfolger Blatters gewählt werden.

Für Platini bedeutet die Strafe indes das fast sichere Aus in seinen Ambitionen auf die Nachfolge von Blatter. Der Franzose wird satzungsgemäß vorläufig vom Spanier Angel Maria Villar als Chef der Europäischen Fußball-Union vertreten.

Zudem wurde FIFA-Generalsekretär Jerome Valcke ebenfalls für 90 Tage suspendiert, Präsidentschaftskandidat Chung Mong-joon wurde gar für sechs Jahre gesperrt und muss 100.000 Schweizer Franken (91.894,87 Euro) zahlen. Die Ermittlungen gegen den Südkoreaner waren im Jänner 2015 eröffnet worden, ihm werden Verstöße gegen vier Artikel des FIFA-Ethikcodes im Zusammenhang mit Südkoreas gescheiterter Bewerbung für die WM 2022 zur Last gelegt. Er war bis 2011 auch Mitglied im FIFA-Exekutivkomitee und strebte wie Platini die Nachfolge Blatters an.

Die Schweizer Bundesanwaltschaft hatte vor zwei Wochen ein Strafverfahren gegen Blatter unter anderem wegen des Verdachts der “ungetreuen Geschäftsbesorgung” eingeleitet. Im Kern geht es um eine Millionen-Zahlung an Platini und TV-Geschäfte mit dem früheren FIFA-Vize Jack Warner, der WM-Rechte für die Karibik für 600.000 Dollar (532.575,89 Euro) und damit deutlich unter dem Marktwert erhalten haben soll.

Platini hatte für Dienste zwischen Jänner 1999 und Juni 2002 erst knapp neun Jahre später von Blatter zwei Millionen Schweizer Franken (1,84 Mio. Euro) erhalten. 2011 unterstützten die UEFA-Verbände unter der Führung von Platini den Schweizer im Wahlkampf gegen den Katarer Mohamed bin Hammam. Platini wurde von der Schweizer Bundesanwaltschaft als Auskunftsperson vernommen.

Trotzdem will er um seine Kandidatur als Chef des Weltverbands kämpfen. Er habe am Donnerstag die nötigen Unterstützerstimmen für eine Bewerbung eingereicht, teilte der Franzose in einem schriftlichen Statement mit. Mit der Sanktion ist der 60-Jährige noch nicht automatisch aus dem Rennen als FIFA-Chef.

Allerdings müsste er eine Prüfung durch die Wahlkommission überstehen – schwer vorstellbar, dass dies als suspendierter UEFA-Präsident gelingen würde. Die schriftliche Unterstützung von mindestens fünf FIFA-Mitgliedsländern muss bis zum 26. Oktober, vier Monate vor dem Wahlkongress, eingereicht werden.

“Es ist für alle überraschend, dass sogar Platini suspendiert wurde. Dadurch ist eine völlig neue Situation entstanden, auch für die UEFA”, sagte ÖFB-Präsident Leo Windtner am Donnerstag in Podgorica. Die Österreicher befanden sich gerade auf der Anreise zum freitägigen EM-Qualifikationsspiel gegen Montenegro, als sie von der Entscheidung der Ethikkommission des Weltverbandes erfuhren.

“Jetzt muss das Krisenmanagement reagieren und dafür sorgen, dass Europa im Hinblick auf den 26. Oktober noch etwas zustande bringt”, verlautete Windtner. Um bei der Wahl am 26. Februar 2016 in Zürich, bei der es um die Blatter-Nachfolge geht, antreten zu können, wird die schriftliche Unterstützung von mindestens fünf FIFA-Mitgliedsländern bis zum 26. Oktober benötigt.

Bei beiden Verbänden müsse sich nun etwas ändern. “Jetzt ist das große Clean-Up gefragt, auch bei der UEFA”, betonte der ÖFB-Boss. Platini war bisher der einzige europäische Kandidat im Rennen um das FIFA-Präsidentenamt.

Deutschlands Fußballverbandspräsident Wolfgang Niersbach hat geschockt auf die Sperren reagiert. “Was heute passiert ist, ist der absolute Super-GAU, dass wir an der wichtigsten Stelle des Weltfußballs nun eine Führungslosigkeit haben. Da ist der absolute Tiefpunkt gekommen. Die Zukunft kann nur gemacht werden ohne Sepp Blatter”, sagte Niersbach am Donnerstag im Teamhotel des DFB-Teams in Dublin.

Das Verhältnis zu Platini, der vom DFB als FIFA-Präsidentschaftskandidat unterstützt wird, müsse zumindest neu bewertet werden. “Vor 14 Tagen war noch alles klar. Er hatte über 100 Unterstützer, auch den DFB. Wir müssen die neue Situation bedenken. Vor allem muss er selbst entscheiden, ob er mit der Belastung die Kandidatur aufrechterhalten kann”, sagte Niersbach. Zugleich forderte der DFB-Chef unverzüglich Sitzungen der Exekutivkomitees von UEFA und FIFA, denen er angehört. (APA)

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