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Ferro: "Es liegt viel Würde in Fehlern"

Tiziano Ferro macht Musik, die weit weg ist vom herkömmlichen Italo-Pop: Mit "Perdono" und "Stop Dimentica" hatte er internationale Hits ganz ohne Eros Ramazzotti-Sound. [Video im Text]

Nun veröffentlicht Ferro mit “Alla Mia Eta” (in Österreich ab 13. März über EMI erhältlich) ein “sehr introspektives Album”, wie er im APA-Gespräch erzählt. Die Texte des Albums seien “Bilder meiner Realität”, so Ferro, und betonen die “Zerbrechlichkeit, Fehlerhaftigkeit” des Menschen. “Jeder versucht heute, perfekt zu sein, ein Gewinner. Aber ich finde, es liegt viel Würde in Fehlern, im Versagen. Das macht dich erst zu einem wirklichen Menschen.”

Dass dies aus dem Mund des Grammy-Gewinners und zweimaligen “Man Of The Year” von MTV Italia, der insgesamt bisher fünf Mio. Tonträger verkaufen konnte, vielleicht eigenartig klingt, kann Ferro verstehen. Das Leben auf der Bühne mache aus jedem Menschen ein “Abziehbild”, sagt Ferro. “Aber was man im Fernsehen sieht, ist nur die Oberfläche. Die Menschen beginnen nun zu sehen, wer hinter dieser Bühnenfigur steht. Denn ich zeige in meinen Songs meine wirkliche Persönlichkeit.”

Der vierte Longplayer des italienischen Grammy-Gewinners ist “keine Einbahnstraße”, so Ferro. Denn sein neues Album erscheint in vier Versionen für Italien, Spanien, den lateinamerikanischen Markt und die “International Release”. “Es ist gut, sich bewusst zu sein, wen man ansprechen will”, sagt Ferro, der Spanisch-Dolmetsch studiert, lange Zeit in Mexiko gelebt hat und nun in London zu Hause ist. Er findet es “arrogant” zu denken, dass man “von verschiedenen Kulturen für das Gleiche gemocht wird”. Daher gibt es in der Lateinamerika-Edition eine Kollaboration mit einer bekannten mexikanischen Band, und in den verschiedenen Regionen auch unterschiedliche Single-Auskopplungen. “Ich genieße das – es ist stimulierend, nicht überall die selben Songs zu promoten”, so Ferro. “Da wird mir nicht fad.”

In Österreich heißt die erste Single “Breathe Gentle”, eine kantenfreie R’n’B-Nummer mit Kelly Rowland (ehemals Sängerin bei “Destiny’s Child”), die spontan entstanden ist: “Wir haben einen gemeinsamen Freund, der uns einander in einem Studio in London vorgestellt hat”, so Ferro. “Ich bewundere sie, seit ich 17 bin. Beim Kennenlernen habe ich gefragt, ob sie nicht etwas mit mir aufnehmen will – es war als Witz gemeint. Aber sie war so süß – am nächsten Tag sind wir im Studio gestanden und haben ohne Plattenvertrag einfach aufgenommen.” Auch eine andere Zusammenarbeit auf dem Album hat einen ungewöhnlichen Hintergrund: “Mein 17-jähriger Bruder Flavio hatte Probleme mit der Lernmotivation in Mathematik und Deutsch”, erzählt Ferro. “Ich habe ihm gesagt: Wenn du das hinkriegst, darfst du mit mir ins Studio. Er hat das geschafft” – und nun ist er Schlagzeuger bei “Assurdo pensare”.

Ob Tiziano Ferro die Verkaufszahlen des letzten Albums erreichen kann (“Nessuno e solo” setzte vor zwei Jahren weltweit 1,5 Mio. Exemplare ab), darüber möchte Ferro angesichts der Umwälzungen im Popmusikbusiness nicht spekulieren. “Manchmal, das sage ich ganz ehrlich, stimmt mich das traurig”, so Ferro über die einbrechenden CD-Verkäufe und die illegalen Downloads im Internet. “Es ist, als ob man für eine Welt arbeiten würde, die nicht mehr zu schätzen weiß, was man tut. Es ist eine große Krise, der Markt wird von Tag zu Tag schwächer. Manchmal wünschte ich, ich würde in den 60ern oder 70ern Musik machen, als das noch alles anders war. Aber man muss positiv denken: Ich sehe, dass die Menschen hungrig sind nach Musik. Musik wird nie sterben.”

“Ich habe immer etwas Neues erfunden und mich nie um den Mainstream gekümmert”, so Ferro. “Als ich ‘Perdono’ veröffentlichte, hat man mir gesagt: Niemand in Europa braucht R’n’B aus Italien. Als der Song Nummer eins wurde, haben das dann viele nachgemacht, und ich bin weitergegangen zu ‘Stop Dimentica’, zu elektronischen Sounds.” Wenn Ferro neue Musik komponiert, “dann bin ich frei, dann fühle ich keine Grenzen. In der Musik fühle ich mich geborgen.”

Tiziano Ferro singt “Perdono”:

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