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Feinstaub erhöht Sterblichkeit - Politik uneins über Maßnahmen

Mehr Feinstaubbelastung erhöht die Sterblichkeit.
Mehr Feinstaubbelastung erhöht die Sterblichkeit. ©APA
Die hohe Feinstaubbelastung erhöht nachweislich die Sterblichkeitsrate. Die Grünen fordern deshalb einen Krisengipfel und ein Fahrverbot.
Keine Änderung der Wetterlage in Sicht
Feinstaubbelastung angestiegen
Grüne fordern Krisengipfel

Die Feinstaubbelastung hat aufgrund der Wetterlage im November massiv zugenommen.  In Wien, Niederösterreich, Steiermark und Oberösterreich erreichten die Werte teilweise 150 Mikrogramm pro Kubikmeter – der Tagesgrenzwert liegt bei 50 Mikrogramm. Die Jahresgrenzwerte wurden bereits bei 67 von 142 Messstellen in Österreich überschritten.

Höhere Sterblichkeit durch Feinstaub

Die hohe Feinstaubbelastung führt nachweislich zu einer erhöhten Sterblichkeit. “Das trifft natürlich besonders bereits vorgeschädigte Personen. Wir selbst haben eine Erhöhung der Sterblichkeit bei mehr Feinstaubbelastung in Österreich in Wien, Graz und Linz nachgewiesen”, erklärte am Mittwoch Manfred Neuberger vom Institut für Umwelthygiene der MedUni Wien.

Hauptgefahr sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Bei Schadstoffbelastungen in der Luft würde man zunächst an Atmungsprobleme als Hauptgefahr denken. Doch im Akutfall stimmt das nicht. Neuberger: “Für die Mortalität sind zunächst Herz-Kreislauf-Erkrankungen und dann erst die Atemwegserkrankungen verantwortlich.” Der Ultrafeinstaub, der auch über die Lunge in das Gefäßsystem übergeht, kann – so der Experte – zu Herzrhythmusstörungen führen. Neuberger: “Die Partikel, die in das Blut kommen, haben eine Auswirkung auf die Gerinnungsfaktoren und können das Blut klebriger machen, was zu Infarkten führen kann.” Ähnlich sei das auch bei Schlaganfällen.

Feinstaubbelastung auch in Innenräumen

Auch wenn die Feinstaubbelastung in der Außenluft derzeit am heftigsten diskutiert wird, in Innenräumen – so dort geraucht wird – ist sie noch wesentlich höher. Neuberger: “Man sieht den Effekt einer Verringerung der Feinstaubbelastung durch das Verhindern von Passivrauchen ganz klar.” In den europäischen Staaten, in denen für Lokale etc. ein absolutes Rauchverbot verhängt wurde, ist laut dem Wissenschafter folgender Effekt aufgetreten: “Die Herzinfarktsterblichkeit sank binnen eines Jahres um acht bis 20 Prozent.”

Politik uneins

Am Dienstag forderten die Grünen angesichts der hohen Belastung einen Feinstaub-Krisengipfel. “Der motorisierte Straßenverkehr ist die Feinstaubursache Nummer 1. Wir brauchen eine radikale Verkehrswende”, sagte Umweltsprecherin Christiane Brunner am Dienstag. Die Grazer Vizebürgermeisterin Lisa Rücker forderte schnelle Lösungen: Mit Fahrverboten oder Auto-Einschränkungen will sie die Belastung vermindern.

Für die FPÖ sind die erhöhten Feinstaubwerte auf die derzeitigen Wetterbedingungen zurückzuführen. Die Forderungen der Grünen seien „wunderlich“. Für Verkehrssprecher Gerhard Deimek beginnt im November der „alljährliche grüne Zug der Lemminge gegen Feinstaub.“ Autoverbotszonen hält er für wirkungslos.

Kompetenzstreit zwischen Bund und Ländern

ÖVP-Umweltminister Niki Berlakovich erklärte unterdessen seine Unzuständigkeit in Sachen Feinstaub. Nach dem Immissionsschutzgesetz-Luft “sind die Bundesländer für Luftreinhaltung zuständig”.

Der niederösterreichische Umweltlandesrat Stephan Pernkopf (ÖVP) will das nicht gelten lassen. Er forderte Berlakovich auf, Gespräche mit den östlichen Nachbarstaaten aufzunehmen, denn bis zu 50 Prozent der Feinstaubbelastungen kämen aus diesen Ländern. Die Feinstaubthematik sei viel zu ernst, um sie zwischen Bund und Ländern hin und her zu schieben. 

Keine Wetteränderung in Sicht

Um die Schadstoffe aus der Luft zu waschen und die Lage zu entspannen, wären Wind und Niederschlag ideal. Momentan ist aber keine Änderung der Wetterlage in Sicht. “In den nächsten sieben Tagen wird sich an der Großwetterlage nichts ändern, es bleibt weiterhin trocken und kalt”, sagte Gerhard Baumgartner von der der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik. Zwar gibt es am Wochenende leichten Nordwestwind, der “ist allerdings nicht ausreichend für eine gute Durchmischung der Luft”.

Entspannung in Wien

In der Bundeshauptstadt haben sich die Feinstaub-Werte allerdings wieder entspannt. “Seit Sonntag gab es in Wien keine Grenzwertüberschreitungen, aktuell ist nur an einer Messstelle der zulässige Tagesmittelwert von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter ganz knapp überschritten”, hieß es in einer Aussendung der Wiener Umweltschutzabteilung am Mittwoch.

(APA/VOL.at)

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