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Faymann mit Regierungsauftrag, aber FPÖ und BZÖ locken ÖVP

SPÖ-Chef Werner Faymann ist seit heute erster Kanzlerkandidat von Bundespräsident Heinz Fischer. Das Staatsoberhaupt erteilte den Usancen gemäß dem Vorsitzenden der stimmenstärksten Partei den Auftrag zur Regierungsbildung.

Eine explizite Empfehlung für eine bestimmte Koalition gab Fischer ausdrücklich nicht. Allerdings stellte er klar, dass die stärkste und die zweitstärkste Partei bei der Regierungsbildung besonders ins Auge zu fassen seien.

Gut eine Stunde nahm sich Fischer Zeit, um mit Faymann die Lage der Nation zu besprechen. Angesichts der internationalen wirtschaftlichen Entwicklungen empfahl das Staatsoberhaupt danach bei einem kurzen Auftritt vor der Presse, eine entscheidungsstarke und reformfreudige Bundesregierung zu bilden. Ein Zieldatum nannte Fischer nicht, er sprach sich aber dafür aus, dass es flott gehen sollte.

Wünschenswert wäre für den Präsidenten, wenn die neue Regierung zumindest vor Weihnachten stehe. Später in einem Ö1-Interview legte Fischer wohl ein wenig Richtung ÖVP nach: “Zum taktieren oder herumreden hat man wirklich nicht viel Zeit.” Eine Mahnung gab es freilich auch für die eigene Partei. Der Bundespräsident forderte nach dem Gespräch mit Faymann, dass Österreich am Projekt der europäischen Zusammenarbeit weiterhin als verlässlicher Partner aktiv mitarbeiten möge.

Der SPÖ-Chef nahm den Auftrag zur Regierungsbildung mit gewohntem Lächeln an und versicherte einmal mehr, einzig mit der ÖVP eine Regierung bilden zu wollen. Einen Plan B habe er nicht. Fertig werden will Faymann spätestens vor Weihnachten, Anfang Dezember wäre ihm noch lieber.

Die ÖVP hat es lange nicht so eilig. Der neue Parteichef Josef Pröll ist zwar bereit, der Einladung Faymanns zu einem ersten Gespräch bereits am Donnerstag Folge zu leisten, bevor es aber allenfalls in echte Regierungsverhandlungen gehe, sei noch so manches zu erledigen. So tritt der VP-Obmann dafür ein, dass Faymann ein “Österreich-Gespräch” einberufen möge, bei dem alle politischen Kräfte einbezogen werden.

Der SPÖ-Chef blieb angesichts der neuesten schwarzen Forderung gelassen. Das sei ganz auf sozialdemokratischer Linie, habe er doch selbst schon angekündigt, auf einen neuen Stil mit stärkerer Einbindung von Experten und anderen Parteien setzen zu wollen, teilte das Faymann-Büro auf Anfrage mit und stellte ein entsprechendes Gespräch in Aussicht.

Ob solch eine Unterredung reichen wird, um die ÖVP zu bewegen, wird sich zeigen. Pröll setzte ebenso wie praktisch alle VP-Mitglieder beim Ministerrat auf Zeit. Verwiesen wurde vom neuen Obmann abwärts darauf, dass Österreich ja eine handlungsfähige Regierung habe und daher keine besondere Eile geboten sei. Innenministerin Maria Fekter (V) tat auch noch kund, dass die Basis in die Opposition wolle.

Solche Bewertungen gab es von Pröll nicht, er betonte aber, dass sich erst nach den “Vorbereitungsgesprächen” mit Faymann zeigen werde, ob man überhaupt in Koalitionsverhandlungen gehen werde. Sein Wahl-Parteitag am 28. November sei von den Regierungsgesprächen jedenfalls “entkoppelt” zu sehen.

Derweil ergibt sich für Pröll die immer größere Chance, wie sein Vorvorgänger als VP-Chef Wolfgang Schüssel nach einer Wahlschlappe zum Kanzler aufzusteigen. Die Chefs von FPÖ und BZÖ, Heinz-Christian Strache bzw. Jörg Haider, trafen am Mittwoch zu einer Aussprache zusammen, vertrugen sich offensichtlich gut wie lange nicht und trugen sich gemeinsam der Volkspartei an.

Strache verwies auf viele Gemeinsamkeiten der Parteien und schloss eine Koalition gemeinsam mit den Orangen nicht mehr aus. Es liege nun an der ÖVP, wie sich die Koalitionsverhandlungen entwickelten. Ähnlich äußerte sich Haider. Einer Koalition mit Blau und Orange stehe an sich nichts im Weg außer der Volkspartei, die sich zuerst finden müsse. Die Wiederannäherung zwischen FPÖ und BZÖ äußert sich auch in einer geplanten gemeinsamen Zusammenarbeit in Wirtschaftsfragen. Haider stellte sogar einen gemeinsamen parlamentarischen Antrag für ein Konjunktur-Belebungspaket in Aussicht.

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