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Fast eine Million NS-Zwangsarbeiter

Laut einer Historikerkommision waren rund ein Viertel aller zivilen Beschäftigten in der "Ostmark" unter Zwang eingesetzt.

Insgesamt 992.900 Menschen wurden während des NS-Regimes auf Österreichischem Staatsgebiet – damals “Ostmark” – zwischen 1939 und 1945 als Zwangsarbeiter eingesetzt und überlebten den Zweiten Weltkrieg. Zu diesem Schluss kommt eine von der Historikerkommission in Auftrag gegebene und von den Historikern Bertrand Perz, Mark Spoerer und Florian Freund erarbeitete Studie. Darunter befanden sich rund 757.000 zivile Ausländer, 150.000 Kriegsgefangene und 85.900 KZ-Häftlinge und ungarische Juden. Insgesamt sollen heute noch 239.000 am Leben sein.

Die am Mittwoch vorgelegten Zahlen sind mehr als doppelt so hoch, wie die in der Vergangenheit immer wieder kolportierten Zahlen, bei denen von rund 100.000 überlebenden Zwangsarbeitern ausgegangen wurde. Geht man von einer ähnlichen Entschädigungssumme wie in Deutschland aus – wo rund 15.000 DM (105.000 S) pro Betroffenen vereinbart wurden -, so müssten Bundesregierung und Wirtschaft mehr als 24 Milliarden Schilling aufbringen.

Wie bedeutend alleine die zivilen ausländischen Zwangsarbeiter für die Wirtschaft der „Ostmark“ waren, zeigt deren Anteil aller Beschäftigten. Alleine im November 1943 betrug dieser laut Studie 23,1 Prozent (512.918). Bis September 1944 stieg der Anteil mit 25,3 Prozent (566.996) auf über ein Viertel. Diese Menschen wurden zur Arbeit in den Wirtschaftsunternehmen oder in der Landwirtschaft gezwungen. Nach den vorliegenden Schätzungen leben heute 199.126 Personen aus dieser Gruppe.

Die zweitgrößte Gruppe stellten die Kriegsgefangenen dar. Insgesamt sollen zwischen 1940 und 1944 über 300.000 auf österreichisches Staatsgebiet deportiert worden sein. Rund 250.000 sollen zur Zwangsarbeit eingesetzt worden sein. Die größte Gruppe kam aus Frankreich, weiters aus der Sowjetunion und aus Jugoslawien. Nach der Genfer Konvention durften einfache Soldaten, so genannte Mannschaften, zur Arbeit unter Berücksichtigung gewisser Punkte angehalten werden. NS-Deutschland habe gegen alle Punkte verstoßen. Bei sowjetischen Gefangenen etwa wurde mit dem Hinweis auf die fehlende Ratifizierung der Genfer Konvention durch die Sowjetunion überhaupt keine Rücksicht auf diese Regelungen genommen. Diese Kriegsgefangenen zählten daher zu den am stärksten vom Tod bedrohten, so die Studie. Die Historikerkommission geht davon aus, dass noch 18.609 ehemalige Kriegsgefangene, die zur Zwangsarbeit heran gezogen worden waren, am Leben sind.

Von den KZ-Häftlingen und ungarischen Juden, von letzteren sollen 1944 mindestens 55.000 zur Zwangsarbeit nach Ostösterreich deportiert worden sein, dürften noch 20.877 am Leben sein. Insgesamt sollen rund 200.000 Menschen zwischen 1938 und 1945 auf österreichischem Gebiet in Konzentrationslager eingewiesen worden sein. An die 100.000 fanden dort den Tod. 1944 stellten etwa die 60.000 Häftlinge in den Außenlagern des KZ-Mauthausen einen Anteil von acht Prozent in der Industrie.

(Bild: APA)

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