AA

Familiendrama: Sohn gesteht Tat

Das Familiendrama von Natternbach ist geklärt - der 19-jährige Sohn hat seine Eltern und seinen Bruder erschossen. Sein Motiv: Jahrelang aufgestauter Hass.

Als Motiv für die Bluttat nannte der 19-Jährige, „er habe sich schon längere Zeit von den Eltern bevormundet gefühlt“, sagte Alois Lißl von der oberösterreichischen Sicherheitsdirektion am Dienstag im Gespräch mit der APA. Besonders schockierend sei, dass der mutmaßliche Täter in den Einvernahmen absolut keine Reue zeige und sehr „kühl und abgeklärt“ den Tathergang schilderte, so Lißl.

Nach ersten Angaben der Ermittler dürfte der 19-Jährige, der zuletzt nicht mehr bei seinen Eltern gewohnt hat, die Bluttat bereits länger geplant haben. Bereits bei einem Besuch im Elternhaus am Allerheiligen-Wochenende habe er die spätere Tatwaffe versteckt – eine Pistole „Glock 17“ – in einem Schrank in seinem Zimmer. Die Waffe stammt von seinem Vater, der dafür eine Waffenbesitzkarte besaß. Er hatte sie gereinigt und dann dem Sohn mit der Bitte gegeben, diese im Waffenschrank zu verwahren. Dem kam der 19-Jährige aber nicht nach. In der Mordnacht zum Montag erschien der nun Tatverdächtige gegen 1.00 Uhr daheim und sei vor dem Fernseher eingeschlafen.

Als der 19-Jährige gegen 4.00 Uhr wieder munter wurde, dürfte er sich – so rekonstruierten die Ermittler – entschlossen haben, der „ständigen Bevormundung“ ein Ende zu setzten. Er holte die Waffe und die dazu passende Munition aus dem Kasten und zog sich – offenbar um keine Spuren zu hinterlassen – Einweghandschuhe an. Zunächst erschoss der mutmaßliche Täter kaltblütig seinen im Nebenzimmer schlafenden 24-jährigen Bruder. Durch den Schuss dürfte der 63-jährige Vater munter geworden sein. Im Vorraum des Hauses kam es dann zu einem folgenschweren Aufeinandertreffen: Der Vater rannte auf seinen Sohn zu, dieser zielte nur kurz und drückte ab. Der Vater wurde getötet.

Durch den Lärm dürfte auch die 50-jährige Mutter des mutmaßlichen Amokläufers wach geworden sein. Sie erkannte die Gefahr sofort und wollte sich noch ins Schlafzimmer retten. Gerade als sie versuchte, ein Nachtkästchen vor die Türe zu schieben, erschoss der 19-Jährige auch sie. Danach dürfte sich der mutmaßliche Täter einen so genannten Scheinschuss in die eigene, linke Schulter zugefügt haben, um den Tatverdacht abzulenken, so die Kriminalisten. Diese Taktik schien anfangs auch zu funktionieren, da die Ermittler nach den ersten Überprüfungen davon ausgingen, dass der Vater seine Familie „ausgelöscht“ haben könnte, zumal die Tatwaffe neben dem Toten gefunden wurde. Erste Ergebnisse der Obduktion widerlegten dies aber: Der 63-Jährige wies zwei Einschüsse im Rückenbereich und am Hinterkopf auf.

Der 19-Jährige war – wie die Untersuchungen ergaben – zum Tatzeitpunkt nicht alkoholisiert. Er befand sich am Dienstag sich noch in Spitalsbehandlung. Über ihn wurde die Untersuchungshaft verhängt.

Familientragödien: Eine Chronologie des Schreckens

In Österreich sind Familientragödien leider keine Seltenheit. Oft treiben vor allem Beziehungsprobleme Menschen zu Verzweiflungstaten, deren Opfer die nächsten Angehörigen werden. Hier die Chronologie der folgenschwersten Ereignisse seit Beginn des Jahres 2000:

Jänner 2000: Eine 24-jährige Frau erdrosselt in Wien-Landstraße ihre beiden Kinder Enes (2) und Ömer (6). Von der mutmaßlichen Täterin fehlt bis heute jede Spur. Es wird angenommen, dass sie Selbstmord begangen hat.

Februar 2000: In Knittelfeld erdrosselt eine 69 Jahre alte Pensionistin ihren sechsjährigen Enkel. Er sollte es „besser“ haben, erklärte die Frau bei der Exekutive.

April 2000: In einer Wohnung in Wien-Meidling werden eine Frau und ein Mädchen im Volksschulalter tot aufgefunden. Der verdächtige Ehemann und Kindesvater wird nach einem Selbstmordversuch in Polizeigewahrsam genommen. Er soll die geplante Trennung von der Frau nicht überwunden haben.

Juni 2000: Der 78-jährige Michael Schmidt aus Kleinedling bei Wolfsberg erschlägt seine vier Jahre jüngere Frau mit einem Hammer, verletzt eine Nachbarin und versucht anschließend, sich die Kehle durchzuschneiden. Er hatte gegenüber Nachbarn bereits mehrmals von Selbstmord gesprochen, überlebt aber.

Juni 2000: Ein 72-jähriger erschießt in einem Haus im Ortszentrum von Ebensee (Bezirk Gmunden) zunächst seine 73-jährige Frau und dann sich selbst mit einer Schrotflinte. Das Paar dürfte den Tod lange geplant haben: Ursache dürfte der schlechte Gesundheitszustand des Ehepaares gewesen sein.

Juli 2000: In Aistersheim (Bezirk Greiskirchen) will ein Ehepaar gemeinsamen Selbstmord begehen: Der 36-jährige Mann stirbt an einem Bruststich mit einem Messer, die 34-jährige Frau überlebt mit schweren Verletzungen.

September 2000: Rasende Eifersucht eines 32-Jährigen Oststeirers macht einen knapp drei Jahre alten Buben im Bezirk Graz-Umgebung zum Vollwaisen: Bei dem Versuch, sich mit der Mutter (30) auszusprechen ersticht er die Frau vor den Augen des Sohnes. Danach rast er als „Geisterfahrer“ auf der Südautobahn in den Tod.

Oktober 2000: Familientragödie auf der Murtalschnellstraße im Bezirk Judenburg in der Obersteiermark: Eine 41-jährige Burgenländerin erschießt ihren am Steuer sitzenden Ehemann (44) und richtet anschließend die Waffe gegen sich selbst.

Dezember 2000: Ein 33-Jähriger ermordet in Frohnleiten (Bezirk Graz-Umgebung) zuerst seine 34-jährige Frau Barbara und richtet sich anschließend selbst. Die beiden Kinder waren während der Auseinandersetzung zu Nachbarn geflüchtet.

Dezember 2000: Ein Landwirt in der Oststeiermark erschießt am Heiligen Abend seine Ex-Freundin und richtet sich selbst. Die Bluttat passiert vor den Augen der beiden Kinder.

Februar 2001: Nach jahrelangen Konflikten mit seiner Mutter ersticht ein 18-Jähriger die 49-Jährige im Wohnzimmer des Familien-Wohnhauses in Groß-Enzersdorf mit einem Bundesheermesser. Der Bursch versteckt die Leiche unter Pappkartons auf der Terrasse und lebt weiter in dem Haus.

März 2001: Ein 77-jähriger Landwirt erschießt in Grambach bei Graz seine Schwiegertochter und richtet sich anschließend selbst. Grund dürften die Scheidungsabsichten der Frau gewesen sein. Das Opfer hinterlässt drei Kinder sowie einen Ehemann.

April 2001: Ein 69-jähriger gebürtiger Iraker erschießt in Wien-Favoriten seine von ihm getrennt lebende Frau und verletzt seine Tochter schwer – er ist seither unauffindbar.

Mai 2001: Ein 51-jähriger Gendarm tötet in der Südkärntner Gemeinde Völkermarkt seine seit kurzem von ihm geschiedene 47-jährige Ex-Frau durch mehrere Messerstiche. Ein Selbstmordversuch misslingt.

Mai 2001: Mord und Selbstmord in Wien-Fünfhaus: Der krankhaft eifersüchtige 49-jährige Ivo V. erschlägt seine zwei Jahre jüngere Frau mit einer Hacke, ehe er sich erhängt.

Juli 2001: Ein 80-jähriger Mann tötet in einem Wochenendhaus nahe Innsbruck sich und seine schwerst behinderte 53-jährige Tochter. Der Pensionist hat sich und seiner Tochter durch die Einleitung von Auspuffgasen in das Fahrzeug das Leben genommen.

August 2001: Die weit fortgeschrittene Alzheimer-Erkrankung seiner 71-jährigen Frau lässt einen 75-jährigen Pensionisten in Wien-Ottakring zur Waffe greifen: Er erschießt seine Frau und begeht anschließend Selbstmord.

Oktober 2001: Ein zweifacher Vater ermordet in Villach seine Frau und tötet sich anschließend durch Auspuffgase. Die Leichen des 47-jährigen ÖBB-Bediensteten und seiner 41-jährigen Frau werden auf dem Gelände des Westbahnhofes gefunden. Motiv war die Absicht der Frau, sich scheiden zu lassen.

Dezember 2001: Wieder überschattet eine Familientragödie den Heiligen Abend: In Schwertberg (Bezirk Perg) in Oberösterreich erschießt ein 53-jähriger Schlosser seine Frau (50) und danach sich selbst. Bekannt war, dass der Täter fast jede Weihnachten an Depressionen gelitten hatte.

April 2002: Eine 59 Jahre alte Frau springt aus dem sechsten Stock eines Wohnhauses im Grazer Bezirk Geidorf, nachdem sie ihre 88-jährige Mutter vermutlich mit Medikamenten getötet hat. Laut mehreren Abschiedsbriefen war die selbst schwer kranke Tochter mit der Situation nicht mehr fertig geworden.

April 2002: An seinem 75. Geburtstag erschießt ein Pensionist im Bezirk Deutschlandsberg seine 58-jährige Ehefrau und richtet sich später selbst. Hintergrund der Bluttat dürfte eine bereits länger währende Zerrüttung in der Beziehung gewesen sein.

Juni 2002: Ein 38 Jahre alter Tankwart erdrosselt in der Südsteiermark seine 13 Jahre alte Tochter mit einem Elektrokabel und begeht anschließend Selbstmord. Hintergrund der Bluttat dürfte eine Auseinandersetzung zwischen Vater und Tochter um die familiären Verhältnisse gewesen sein. Der Tankwart springt schließlich von der über 50 Meter hohen Autobahnbrücke in der Nähe der Raststation Arnwiesen bei der Südautobahn.

Juni 2002: Kurz danach wird ein weiteres Gewaltverbrechen in der „Knappenhof“-Siedlung im obersteirischen Mürzzuschlag bekannt: In einer Wohnung wird ein toter Mann mit einem Einschuss im Kopf gefunden. Daneben liegt eine Pistole. Eine Frau – vermutlich seine Lebensgefährtin – wird verletzt in das Krankenhaus eingeliefert. Sie verwickelt sich allerdings in der Folge in Widersprüche bezüglich des Herganges.

Juli 2002: Ein Streit rund um eine Scheidung in Mauer bei Amstetten fordert zwei Todesopfer. Eine 29-Jährige wird mit einem Messer erstochen, ihr Mann trennt sich danach die Halsschlagader durch. Das Paar hinterlässt eine zehn Jahre alte Tochter.

Juli 2002: Ihre Absicht, sich von ihrem Mann zu trennen, bezahlt eine 37-Jährige in Leutschach (Bezirk Leibnitz) mit dem Leben: Der 53-Jährige erschießt sie an ihrem Arbeitsplatz in einem Supermarkt und tötet anschließend einen Gendarmen (46). Ein Selbstmordversuch des Täters scheitert.

August 2002: Weil ihn seine blinde Lebensgefährtin aus ihrer Wohnung in Graz werfen möchte, ersticht ein gebürtiger Schweizer (44) seine 39-jährige Freundin. Der Drogen abhängige wird nach einigen Tagen in Wien geschnappt.

August 2002: Da er offenbar nicht mit dem Freund seiner Stieftochter einverstanden war, erschießt ein Steirer in Wien seine 17-jährige Stieftochter. Anschließend richtet sich der 52-Jährige selbst.

September 2002: Private Probleme enden in Tamsweg mit zwei Toten:
Ein Fleischhauermeister (57) erschießt seine zwei Jahre jüngere Frau und begeht danach Selbstmord.

  • VIENNA.AT
  • Chronik
  • Familiendrama: Sohn gesteht Tat
  • Kommentare
    Die Kommentarfunktion ist für diesen Artikel deaktiviert.