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"Falsche" Pflegerin verurteilt

Bild: APA
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Urteil gegen jene 52-jährige Hausfrau, die sich im vergangenen September fälschlicherweise als slowakische Pflegerin der hochbetagten Schwiegermutter des damaligen Bundeskanzlers Schüssel ausgegebenen hatte.

Sie wurde daraufhin als „Frau Maria“ in einem Exklusiv-Interview von “News” der Öffentlichkeit präsentiert. Deswegen wurde sie am Dienstag im Straflandesgericht wegen übler Nachrede verurteilt. Sie meldete dagegen volle Berufung an, die Entscheidung ist daher nicht rechtskräftig.

Die Frau hatte behauptet, Schüssels Ehefrau Krista und ihre Schwester, die eine Pflegehelferin für ihre Mutter organisiert hatten, hätten sie weit unter dem üblichen Mindestlohn beschäftigt und zudem gewusst, dass es sich dabei auch um ein illegales Beschäftigungsverhältnis handelte.

In Wahrheit handelte es sich bei „Frau Maria“ jedoch um eine Freundin des Journalisten und Buchautors Hans Weiss, der eigenen Angaben zufolge „aufzeigen wollte, wie Schlüsselloch- und Scheckbuch-Journalismus bei ’News’ funktioniert“, wie er heute als Zeuge ausführte. Weiss hatte mit einem Leserbrief im „Standard“ für Aufsehen gesorgt, in dem er dem damaligen Bundeskanzler Doppelmoral vorwarf, weil er einerseits öffentlich erkläre, es gebe keinen Pflegenotstand, während andererseits in seiner Familie „nicht ganz legal“ eine slowakische Pflegerin tätig sei.

„News“ habe ihn darauf hin gedrängt, Name und Adresse dieser Frau bekannt zu geben. Man habe ihm dafür „Geld, einen Vertrag, und dass ich die Geschichte auch selbst schreiben kann“ angeboten, so Weiss. Im Gespräch mit seiner Freundin sei dann die Idee entstanden, „eine kleine medienkritische Geschichte zu machen“.

Ein Reporter des Magazins bekam in einer Wohnung am Schwarzenbergplatz „Frau Maria“ vorgesetzt, die ein wenig über völlig frei erfundene Vorgänge im Haus Schüssel erzählte. „News“ hielt diese Geschichte so lange für echt, bis die Kanzlerfamilie glaubhaft versicherte, die angebliche Pflegerin nie gesehen zu haben.

Dafür wurde „die Betrügerin“, wie sie von Manfred Ainedter, dem Anwalt von Schüssels Ehefrau und deren Schwester, bezeichnet wurde, schuldig erkannt. Die im Interview getätigten Angaben hätten die Familie Schüssel „eines unehrenhaften Verhaltens bezichtigt, das geeignet war, sie in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen“, so Richterin Nina Steindl in der Urteilsbegründung. Sie verhängte eine unbedingte Geldstrafe von 200 Euro (100 Tagessätze zu je zwei Euro), die deswegen recht gering ausfiel, weil die 52-Jährige als geringfügig Beschäftigte ein Monatseinkommen von 350 Euro erzielt und die Höhe der einzelnen Tagessätze dementsprechend bemessen wurde.

“News” glaubte nicht an Fake

„Ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass er so einen Fake baut! Für mich war Hans Weiss ein preisgekrönter Journalist. Ich hab’ ihm vertraut“, gab jener „News“-Reporter im Zeugenstand an, der „Frau Maria“ und dem Drahtzieher auf den Leim gegangen war. Weiss könnte die Vermittlung der falschen Schüssel-Pflegerin teuer zu stehen kommen – das Magazin hat ihn zivilrechtlich geklagt. Streitwert: 62.200 Euro.

„Ich habe nie damit gerechnet, dass die das veröffentlichen“, behauptete Weiss. Zu offensichtlich sei doch gewesen, dass da etwas nicht stimmen könne: „Aber ’News’ macht aus jedem Furz eine Sensation.“ Es wäre ihm überhaupt nicht darum gegangen, jemandem zu schaden, versicherte er abschließend.

Das betonte auch die falsche „Frau Maria“, bevor sie verurteilt wurde. „Ich habe nie vor gehabt, Sie zu kränken oder zu desavouieren“, entschuldigte sie sich bei Krista Schüssel und deren Schwester, die sie geklagt hatten und nun mit versteinerten Mienen im Verhandlungssaal dem Verfahren folgten. Die 52 Jahre alte Hausfrau führte aus, ihre eigene Mutter sei bis gestern, Montag, von einer Slowakin namens Martina – ihr Familienname sei ihr derzeit leider nicht präsent – gepflegt worden, und diese habe früher auch Wolfgang Schüssels Schwiegermutter betreut. Diese habe ihr „beim Plaudern“ einiges über die Pflegesituation im Haus des Ex-Kanzlers erzählt, was später in das inszenierte Interview mit „News“ eingeflossen sei.

Richterin Nina Steindl stellte in ihrer Urteilsbegründung klar, es gebe „keinerlei Anzeichen“, dass im Haus Schüssel eine illegale Pflegerin beschäftigt gewesen sei. Krista Schüssel bzw. ihre Schwester hatten im Krankenhaus Kontakt zu einem Verein hergestellt, der unterstützendes Personal für häusliche Betreuung vermittelt. Auf der Homepage des Vereins ist von „ehrenamtlicher Tätigkeit“ die Rede, den Helfern sei jedoch ein „Taschengeld“ zu bezahlen.

Im Hinblick auf diese Informationen nahm die Familie Schüssel das Angebot in Anspruch. Die Richterin hielt es daher für nachvollziehbar, dass dabei von einem legalen Beschäftigungsverhältnis ausgegangen wurde. Nach Angaben der Betroffenen sollen die jeweiligen Pflegerinnen von Schüssels Schwiegermutter monatlich 1.600 Euro erhalten haben. Zusätzlich bekam auch der Verein Geld für die Vermittlerdienste.

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