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Fall Sanader: Auslieferungshaft um weitere zwei Monate verlängert

©AP
Die Auslieferungshaft gegen den in Korruptionsverdacht geratenen kroatischen Ex-Premier Ivo Sanader ist heute, Dienstag, in Salzburg für weitere zwei Monate verlängert worden.
Das erklärte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Salzburg, Barbara Feichtinger, auf Anfrage der APA. Als Haftgrund wurde erneut Fluchtgefahr angenommen. Die gleichzeitig stattfindende Auslieferungsverhandlung ist auf unbestimmte Zeit vertagt worden. “Es müssen noch offene Fragen geprüft werden”, sagte die Staatsanwältin.

Ivo Sanader war am 10. Dezember 2010 auf der Tauernautobahn in Salzburg festgenommen und anschließend in U-Haft genommen worden. Kroatien hat seine Auslieferung beantragt. Die kroatische Justiz wirft dem Ex-Premier laut Haftbefehl Amtsmissbrauch und Bildung einer kriminellen Vereinigung vor. Durch dubiose Transaktionen über ihm nahe stehende Firmen soll er das kroatische Staatsbudget um sechs Millionen Euro geschädigt haben. Das Geld soll unter anderem in Geheimfonds der heute noch regierenden Partei Kroatische Demokratische Gemeinschaft (HDZ) geflossen sein. Eine angebliche Verwicklung in die Affäre der Kärntner Hypo Alpe Adria und einen Geldwäsche-Verdacht in Österreich hat Sanader bestritten.

Der Ex-Premier wehrt sich gegen eine Auslieferung nach Kroatien. “Er befürchtet, dass er dort kein faires Verfahren bekommen wird”, sagte sein Verteidiger Werner Suppan im APA-Gespräch. Der Wiener Rechtsanwalt legte heute der Salzburger Haft- und Rechtsschutzrichterin Claudia Lechner eine 50 Seiten umfassende Analyse eines Expertenteams vor, wonach in Kroatien die Voraussetzungen für ein faires Gerichtsverfahren im Sinne der Menschenrechtskonvention derzeit nicht gegeben seien.

Dieses Team habe Sanader empfohlen, gegen die Auslieferung anzukämpfen, sagte der Wiener Advokat. “Sanader ist bereit, sich vor einem österreichischem Gericht zu verantworten.” Sollte das Gericht den Anträgen der Verteidigung folgen und die Auslieferung für unzulässig erklären, so könnte es dazu kommen, dass die gegen Sanader erhobenen Vorwürfe vor einem österreichischen Strafgericht verhandelt werden, erörterte der Jurist.

“Dr. Sanader ist jederzeit bereit, sich vor einem österreichischen Strafrichter zu verantworten und ist zuversichtlich, die gegen ihn erhobenen Vorwürfe vor einem unabhängigen Gericht in einem fairen, politisch unbeeinflussten Verfahren rasch aus der Welt schaffen zu können”, sagte Suppan.

Die Richterin des Salzburger Landesgerichtes habe die Auslieferungsverhandlung zur Einholung von ergänzenden Unterlagen aus Kroatien vertagt. Sie werde aufgrund seiner vorgebrachten Argumente über das Justizministerium Anfragen an die kroatischen Behörden stellen, erläuterte der Anwalt. Es gehe dabei auch um die Frage einer möglichen Beeinflussung der Belastungszeugen, und warum kroatische Gerichte den Anwälten Sanaders immer noch keine Akteneinsicht gewährten.

Die “entscheidenden Verstöße gegen die Menschenrechte” ortet Sanaders Verteidiger- und Beratungsteam “vor allem in der laufenden öffentlichen Vorverurteilung Sanaders durch Medien und führende Politiker, die bereits öffentlich angebliche Beweisergebnisse erörtern und von einer Verurteilung Sanaders ausgehen. Aber auch das Verfahren selbst scheint nach dieser Analyse ausschließlich politisch motiviert, nachdem es sowohl für die bevorstehende Parlamentswahl als auch für den EU-Beitritt Kroatiens von vielen Beobachtern als entscheidungsrelevant beurteilt wird”, steht in der Expertise.

Beanstandet werden darin auch “mangelnde Verteidigungsrechte aufgrund des neuen, bereits beim kroatischen Verfassungsgerichtshof wegen Menschenrechtsverletzungen in vielen Punkten angefochtenen Strafprozessrechts”.

Seit Mitte Dezember beobachte ein Team von Experten aus dem Bereich der Rechtswissenschaften, der Politikbeobachtung und -beratung sowie der Medienbranche die Vorgänge in Kroatien in und um das Strafverfahren gegen den ehemaligen Premierminister, führte Suppan weiter aus. “Es ist nach eingehender Analyse zu dem Schluss gekommen, dass aufgrund einer Vielzahl von Verletzungen gegen Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention, insbesondere der Verletzung der Unschuldsvermutung durch Medien, Behörden und Politiker und durch politische Einflussnahme auf das Verfahren ein faires Verfahren im Sinne der Menschenrechtskonvention nicht gewährleistet ist.” (APA)

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