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Fall Natschläger: Erneut erstaunlich milde bestraft

Der 20-Jährige kam erneut glimpflich davon.
Der 20-Jährige kam erneut glimpflich davon. ©APA
Nachdem er den Tod des Kommunalpolitikers Natschläger zu verschulden hatte, wurde ein 20-Jähriger erneut kriminell und raubte einen Supermarkt aus. Dafür bekam er nun lediglich zwei Jahre.
Täter wieder kriminell
Natschläger verprügelt
Betroffenheit nach Tod
Drei Monate Haft

Neuerlich bemerkenswert milde ist am Montag im Wiener Straflandesgericht jener junge Mann bestraft worden, der im April 2008 in Wien-Währing den Kommunalpolitiker Gottfried Natschläger auf offener Straße und ohne ersichtlichen Grund zu Boden gestoßen hatte, worauf dieser an den Folgen eines Schädelbruchs starb. Während er für die Körperverletzung mit Todesfolge zwei Jahre Haft, davon nur drei Monate unbedingt erhalten hatte, kam der 20-Jährige diesmal für einen Supermarkt-Überfall mit zwei Jahren Haft davon.

Dabei wären bis zu zehn Jahre Haft möglich gewesen, was aufgrund der einschlägigen Vorstrafe des jungen Mannes und des raschen Rückfalls – der Überfall ereignete sich keine sieben Monate nach seiner Entlassung aus der Justizanstalt Wien-Josefstadt – eigentlich eine höhere Strafe erwarten hätte lassen.

Auch Staatsanwältin nickte Urteil ab

Das Gericht hielt jedoch zwei Jahre für schuld- und tatangemessen und widerrief dem 20-Jährigen auch nicht die offenen, auf Bewährung nachgesehenen 21 Monate aus dem Fall Natschläger, “weil ich find’, dass insgesamt fast vier Jahre, die Sie dann zu verbüßen hätten, zu viel wären”, wie die Vorsitzende Richterin Daniela Zwangsleitner in der Urteilsbegründung sagte.

Der Schöffensenat begnügte sich daher damit, in Bezug auf die 21 Monate die Probezeit auf fünf Jahre zu verlängern. Die Staatsanwältin nickte sowohl das Urteil als auch das Absehen vom Widerruf ab, sämtliche Entscheidungen sind daher bereits rechtskräftig.

Nach Verhandlung nach Hause

Der Jugendliche war erstmals in die Schlagzeilen geraten, als er in der Nähe des Kutschkermarkts dem zufällig ihm im Weg stehenden ÖVP-Politiker Natschläger einen heftigen Stoß versetzte, um diesen – wie das Gericht im Oktober 2008 in der Verhandlung um den Tod des 64-Jährigen feststellte – “aus dem Weg zu räumen”. Natschläger verlor das Gleichgewicht, kam zu Sturz, prallte mit dem Kopf zunächst gegen eine Mauerkante und schlug dann hart auf der Gehsteigkante auf.

Das Gericht verhängte das Gericht dafür eine Strafe, die es dem Burschen ermöglichte, unmittelbar nach der Verhandlung unter Anrechnung der in der U-Haft abgesessenen Zeit als freier Mann nach Hause zu gehen.

40.000 Euro Schulden

Der Hauptschul-Absolvent bekam in weiterer Folge sein Leben allerdings nicht in den Griff. Er fand zwar einen Job als Kellner, doch seine Schulden häuften sich auf 40.000 Euro an. Bei seiner Mutter durfte er schließlich auch nicht mehr wohnen. Hie und da nächtigte er bei seinem Bruder, “aber der hat auch nix gehabt. Ich war dort ohne Strom und Wasser und Essen. Es war schrecklich”, wie der 20-Jährige später zu Protokoll gab.

Am 7. Mai 2009 entschloss sich der junge Mann daher zu einem Überfall auf eine Billa-Filiale. Er legte an der Kassa einen Eistee aufs Förderband, und als die Angestellte den Preis eintippte und sich die Lade öffnete, stieß er die Frau wuchtig zur Seite und griff zu. Mit 1.150 Euro gelang ihm die Flucht.

Mit Überfall geprahlt

Dass er knapp ein halbes Jahr später festgenommen wurde, hatte er sich selbst zuzuschreiben. Als er mit zwei Freunden beisammen saß, prahlte er mit dem Überfall, der “ganz leicht “gewesen sei. Einer der Freunde ging allerdings zur Polizei, worauf für den redseligen Burschen die Handschellen klickten.

Keine sieben Monate nach der Gerichtsverhandlung verübte der mittlerweile 20-Jährige einen Überfall auf einen Supermarkt in Wien-Floridsdorf. “Ich war verzweifelt. Ich hab’ Hunger gehabt. Ich hab nix zu essen gehabt. Ich hab ja gesehen, wie ich abnehm’! Ich hab’ 17 Kilo abgenommen gehabt”, rechtfertigte er sich nun im Straflandesgericht.

Gab es Mittäter?

Weil der Schöffensenat noch klären muss, ob es einen Mittäter gab, der vor der Billa-Filiale in einem Fluchtfahrzeug gewartet haben könnte, wurde die Verhandlung auf Anfang Februar vertagt. Der Angeklagte bleibt bis dahin in U-Haft. Im Fall eines Schuldspruchs drohen im für den Raub bis zu zehn Jahre Haft sowie der Widerruf der aus dem Natschläger-Urteil “offenen” bedingten Freiheitsstrafe von 21 Monaten.

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