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Fall Lindh: Prozessbeginn in Stockholm

Vier Monate nach dem Attentat auf die schwedische Außenministerin Anna Lindh hat der Mordprozess gegen den geständigen Tatverdächtigen Mijailo Mijailovic begonnen.

Sein Anwalt Peter Althin sagte zum Auftakt des Verfahrens, sein Mandant habe die Ministerin erstochen. Da die Tat jedoch nicht geplant gewesen sei, müsse die Anklage auf Totschlag reduziert werden. Der Beginn des Prozesses hatte sich wegen der strengen Sicherheitsvorkehrungen um 15 Minuten verzögert.

„Er wollte sie nicht töten“, sagte Althin über die Tat. Der 25-jährige Mijailovic hatte im Verhör ausgesagt, er habe Lindh in einem Kaufhaus niedergestochen. Ein Schwerpunkt des Verfahrens wird die Frage nach dem Motiv des Angeklagten sein. Mijailovic hatte ausgesagt, Stimmen in seinem Kopf hätten ihm befohlen, auf Lindh einzustechen. Mit seinem Geständnis wolle er Spekulationen über den Hintergrund der Tat beenden. Er betonte, er habe nichts gegen Lindh persönlich gehabt. Althin erklärte vor Prozessbeginn, sein Mandant habe kein politisches Motiv gehabt. Er wolle eine psychiatrische Beurteilung des Angeklagten beantragen.

Staatsanwältin Agneta Blidberg warf Mihajlovic dagegen Mord vor. Sie will drei Zeugen aufrufen: Eva Franchell, die Lindh in das Kaufhaus begleitet hatte, den Gerichtsmediziner, der die Autopsie vornahm, sowie einen britischen Experten, der die Tatwaffe untersuchte. Die Ermittler erklärten, Mijailovic habe die Tat geplant und die Ministerin am 10. September knapp eine Viertelstunde verfolgt. Lindh erlag am folgenden Tag ihren schweren Verletzungen. Mijailovic wurde am 24. September festgenommen, nachdem die Ermittler nach Polizeiangaben seine DNS auf dem Messer gefunden hatten.

Mijailovic wurde bereits mehrfach wegen psychischer Probleme behandelt und schon drei Mal verurteilt. Einmal ging es um eine Messerattacke auf seinen Vater 1996. Damals befand ein Gericht, Mijailovic benötige dringend eine psychiatrische Behandlung. Es gebe jedoch keinen ausreichenden medizinischen Grund, ihn einzuweisen. Mijailovic hatte während seines Verhör beklagt, ihm sei vor und nach der Tat psychiatrische Hilfe verweigert worden. Nach einem Bericht des schwedischen Radios soll untersucht werden, ob diese Vorwürfe zutreffen.

Bei einer Verurteilung droht Mijailovic eine lebenslange Haftstrafe. Damit könnte er in Schweden nach zehn bis 15 Jahren entlassen werden. Wenn das Gericht jedoch eine Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik anordnet, werden Ärzte über eine mögliche Entlassung entscheiden.

Althin kündigte an, dass er für die am Nachmittag erwartete erste Aussage des Angeklagten die Live-Übertragung im Rundfunk verhindern wolle. Das Medieninteresse für den Prozesssind ungewöhnlich groß: An die 130 Journalisten – davon etwa die Hälfte aus dem Ausland – berichten direkt aus dem Gerichtsgebäude. Insgesamt sind für den Prozess nur drei Verhandlungstage vorgesehen. Mit einem Urteil wird frühestens in einem Monat gerechnet.

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