Rzeszut, der als Mitglied einer vom Innenministerium eingesetzten Evaluierungskommission behördlichen Versäumnissen in der Causa Kampusch nachgehen sollte, wird falsche Zeugenaussage vorgeworfen. Rzeszut hatte wiederholt für Verstörung gesorgt, indem er in diversen Medien ein Gerichtsgutachten anzweifelte, das Wolfgang Priklopil als Einzeltäter auswies, und dem Entführungsopfer Natascha Kampusch unterstellte, diese habe eine Schwangerschaft verheimlicht. Schließlich soll sogar ein niederösterreichischer Polizist auf Betreiben Rzeszuts illegal in einer Volksschule “ermittelt” und versucht haben, an die DNA eines Mädchens zu gelangen, um Klarheit zu erlangen, ob es sich dabei um die leibliche Tochter Kampuschs handelte.
OGH-Präsident widerlegt
Rzeszut dementierte den im Raum stehenden Verdacht, er habe den Polizisten zum Amtsmissbrauch angestiftet. Er versicherte, den Mann gar nicht zu kennen. Eine Rufdaten-Rückerfassung widerlegte allerdings den früheren OGH-Präsidenten: Wie sich herausstellte, hatten Rzeszut und der Beamte regelmäßigen telefonischen Kontakt. Daraufhin wurden staatsanwaltschaftliche Ermittlungen gegen Rzeszut eingeleitet, die aus Befangenheitsgründen nach Linz delegiert wurden.
Ob der einst mächtigste Richter des Landes vor Gericht gestellt wird, muss nun ein von Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) eingesetzter dreiköpfiger Weisenrat entscheiden. Dieser hat den vorliegenden Vorhabensbericht zu beurteilen und allenfalls zu genehmigen. Wie Christian Pilnacek, Strafrechts-Sektionschef im Justizministerium, am Montag der APA erklärte, wird diese Entscheidung “sehr bald” fallen. Als zeitlichen Horizont nannte Pilnacek “zwei Wochen”.
Strafantrag wegen Falschaussage?
Justizinsider gehen davon aus, dass in dem geheimen Vorhabensbericht ein Strafantrag wegen Falschaussage vorgeschlagen wird. Die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt hat nämlich gegen den Polizisten, den Rzeszut zu verbotenen “Privatermittlungen” gebracht haben soll, Anklage wegen Amtsmissbrauchs erhoben. Wie Recherchen der APA ergaben, muss sich der vom Dienst suspendierte, mittlerweile 63 Jahre alte Beamte am 23. Juni in Wiener Neustadt vor einem Schöffensenat verantworten. Laut Anklage soll er seine Nachforschungen “versorgt mit den Vermutungen” Rzeszuts betrieben haben.
(APA)