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Fall Jacqueline: Höchststrafe für Eltern

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Schnelles Urteil im Missbrauchsfall der heute zwölfjährigen Jacqueline in Wien: Jeweils 15 Jahre Haft für Eltern - Richter: „Sie beide haben sich die Höchststrafe verdient“ - Mädchen bekam 125.000 Euro zugesprochen.

Mit der Höchststrafe für die beiden Angeklagten ist am Montag im Wiener Landesgericht der Prozess um die wochenlang von ihren Eltern gefolterte Jacqueline zu Ende gegangen. Sasa J. (28), der leibliche Vater der mittlerweile Zwölfjährigen, und die Stiefmutter Suzana J. (27) wurden von einem Schwurgericht einstimmig wegen schweren sexuellen Kindesmissbrauchs, Kindesmisshandlung, absichtlicher schwerer Körperverletzung mit Dauerfolgen und Freiheitsentziehung schuldig erkannt und zu jeweils 15 Jahren Haft verurteilt.

“Sie haben das Kind körperlich und seelisch gebrochen.”

„Sie beide haben sich selbst bei streng nüchterner Betrachtungsweise die Höchststrafe verdient. Sie haben das Kind körperlich und seelisch gebrochen. Sie haben es zerstört“, sagte Richter Johannes Jilke in der Urteilsbegründung. Das Wohl der Kinder sei eines der höchsten Güter, das die Rechtsordnung zu schützen habe. Wer das in einem Ausmaß wie im gegenständlichen Fall verletze, müsse mit den strengsten Strafen rechnen: „Sie beide haben sehr schwere Verbrechen auf sich geladen. Das sind Verbrechen, die an Abscheulichkeit schwer zu überbieten sind“.

Darüber hinaus erhielt Jacqueline vom Gericht 100.000 Euro Schmerzensgeld und 25.000 Euro Transplantationskosten zugesprochen. Dadurch bleibt dem Mädchen ein langwieriger, kostspieliger und mit neuerlichen medizinischen Begutachtungen verbundener Zivilprozess erspart.

Urteile nicht rechtskräftig

Die Urteile sind nicht rechtskräftig. Sasa J. meldete Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an, seine Ehefrau erbat Bedenkzeit.

Martyrium begann 2003

Jacqueline war im August 2003 von ihrem Vater von den in Serbien lebenden Großeltern zurück nach Wien geholt worden, um es hier – wie dieser den Geschworenen erklärte – „besser zu haben“. Mit dessen zweiter Frau und drei Stiefgeschwistern kam sie in einer Wohnung in Wien-Floridsdorf unter. Dort dürfte spätestens Anfang November ihr Martyrium begonnen haben.

Ärzte stellten schwerste Verletzungen fest

Am 28. November 2003 wurde Jacqueline mit einem Schädelbruch und einem tiefen, bis an den Knochen reichenden Schnitt im Unterarm ins Spital einliefert. Die Ärzte stellten weitere, länger zurück reichende Verletzungen fest, darunter Verbrennungen dritten Grades. Neun Prozent ihrer Körperoberfläche waren verbrannt.

Der Gerichtsmediziner Christian Reiter differenzierte in seinem Gutachten zwischen zum Einlieferungszeitpunkt höchstens einer Woche alten Brandwunden an Schulter, Hals, linker Flanke und linker Hüfte und bereits zwei bis drei Wochen alten an den Schamlippen und im Bereich des Afters. Letztere stammten laut Gutachten von einem erhitzten Löffel, während die großflächigen von einem Bügeleisen herrührten.

Mit glühendem Bügeleisen gequält

Mindestens sechs Mal wurde Jacqueline das glühende Bügeleisen aufgesetzt – „nicht nur gleitend, sondern stationär. Es wurde auf die Haut aufgedrückt“, sagte Reiter.

Das Kind wurde außerdem getreten, geohrfeigt, mitunter nächtelang teilweise nackt ans Bett gefesselt und zumindest ein Mal von der Stiefmutter mit einer Kerze malträtiert. Diese deflorierte sie außerdem mit einem Kochlöffel, wobei für die Geschworenen feststand, dass der Vater das mitbekommen hatte: Er wurde auch in diesem Punkt schuldig gesprochen.

“Schwergradige” psychische Schmerzen

Jacqueline leidet unter einem posttraumatischen Belastungssymptom. Sie hat nicht nur die körperlichen, sondern vor allem die psychischen Schmerzen zu ertragen, die von der Kinderpsychologin Angelika Göttling als „schwergradig“ eingestuft werden. Die Sachverständige bezeichnete das Mädchen in ihrem Gutachten wörtlich als „Folteropfer“.

Folgeschäden so gut wie sicher

Jacqueline muss im Hinblick auf ihre psychosexuelle Entwicklung mit massiven Dauerfolgen rechnen. Göttling geht davon aus, dass das Erlebte wieder aufbrechen wird, sobald das Mädchen erste Kontakte zum anderen Geschlecht knüpft. „Schon jetzt wird das Kind sicher täglich an das Vorgefallene erinnert. Etwa in Form von Albträumen“, sagte die Gutachterin.

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