“Er ist im Wesentlichen geständig, schwächt aber in Details ab”, berichtete Chefinspektor Leopold Etz vom Landeskriminalamt Niederösterreich gegenüber der APA. Indes wurden erste Bilder von dem Verlies veröffentlicht.
In der Früh nahmen 14 Mitarbeiter der Tatortgruppe wieder die Spurensuche im Verlies auf. Am Montag wurden auch erstmals erste Fotos von jenen Räumlichkeiten veröffentlicht, in der Elisabeth F. mit drei ihrer, vermutlich vom Vater gezeugten Kinder jahrelang gefangen gehalten worden ist.
Die Welt der Gefangenen erstreckte sich demnach auf 60 Quadratmeter, ohne Licht und ohne jede Kontaktmöglichkeit nach außen. Versperrt war das Verlies mit einer massiven Stahlbetontüre mit Elektromotor, die nur mit einer Fernbedienung mit Zahlencode zu öffnen ist. Durch einen etwa fünf Meter langen Gang und ein Schlupfloch gelangte man in ein etwa 1,70 Meter hohes Zimmer, wo sich eine veralterte Kochmöglichkeit sowie eine Toiletten- und Duschanlage befindet.
In dem Verlies sind auch zwei Schlafräume mit zwei Betten, die von Kinderhand mit Sternen und kleinen Zeichnungen geschmückt worden sind. Ein Fernseher mit einem Videorekorder und ein Radio waren das einzige Fenster, das eine Welt jenseits der Kellermauern erahnen ließ.
Josef F. soll im Laufe des Montags von einer Polizeistation in Amstetten ins Landesgericht St. Pölten überstellt und dort dem Haftrichter vorgeführt werden. Eine Uhrzeit stand noch nicht fest. Auch das Ergebnis der Gen-Tests, die klären sollen, ob der Verdächtige der Vater der sechs Kinder von Elisabeth F. hin, stand noch aus.
Oberst Franz Polzer, Leiter des Landeskriminalamtes Niederösterreich (LK NÖ), wies darauf hin, dass in dem Fall “alles überprüft” werde, auch ob der 73-Jährige für weitere Straftaten infrage komme. Man stehe diesbezüglich jedoch erst am Anfang, so der Kriminalist. Es gebe eine “breite Palette an offenen Fragen”, etwa wie der 73-Jährige die Gefangenschaft seiner Opfer bewerkstelligt habe. “Wie hat er die Versorgung vorgenommen?”, betonte der Kriminalist. In dem Verlies hätten außerdem Hausgeburten stattgefunden, Säuglinge hätten betreut werden müssen.
Die Polizei wandte sich am Montag mit einem Aufruf zur Mitarbeit an die Öffentlichkeit und veröffentlichte aus fahndungstaktischen Gründen ein Foto des Mannes: Wer hat Josef F. bei möglichen verdächtigen Handlungen beobachtet? Hinweise bitte an den Journaldienst des Landeskriminalamtes Niederösterreich unter der Telefonnummer 059133/30-3333.
Als “kritisch, aber stabil”, hat Primarius Albert Reiter am Montag den Zustand der vermutlich 19-jährigen Tochter von Elisabeth F. bezeichnet, die am 19. April ins Landesklinikum Mostviertel Amstetten eingeliefert worden ist und dadurch die Affäre ins Rollen gebracht hat. Die junge Frau hatte aufgrund von Krampfanfällen unter Sauerstoffmangel gelitten, so der Mediziner. Sie war bewusstlos aufgefunden worden.
Am Sonntag war in Amstetten das dramatische Verbrechen bekanntgeworden: In einem Verlies soll ein 73-Jähriger seine Tochter 24 Jahre lang gefangen gehalten und sexuell missbraucht haben. Während der Gefangenschaft dürfte der Mann mit der 42-Jährigen sieben Kinder gezeugt haben, eines von ihnen sei nach der Geburt gestorben. Josef F. wurde am Samstag in Haft genommen. Am Sonntag verriet er der den Exekutivbeamten, wie sie in das Gefängnis gelangen. Das Verlies wurde in der Folge geöffnet.
Drei der Kinder der 42-Jährigen dürften gemeinsam mit dem Verdächtigen und dessen Ehefrau normal in den Wohnräumen gelebt haben, während im Keller darunter Elisabeth F. mit den anderen drei – ein heute Fünfjähriger, eine 18-Jähriger sowie eine 19-jährige Erkrankte (das genaue Alter war aufgrund der Umstände aber vorerst nicht genau eruierbar, Anm.) – ohne Sonnenlicht in völliger Isolation eingesperrt dahinvegetierten.
Natascha Kampusch will der Familie in Amstetten, deren Tochter bzw. Enkel ein jahrelanges Martyrium erleiden mussten, helfen. Sie denke an eine finanzielle Hilfe, so das heute 20-jährige Entführungsopfer in einem über ihre Medienberater übermitteltem Statement. Sie würde auch ein Gespräch anbieten. Eine Kontaktaufnahme mit den niederösterreichischen Behörden habe es bereits gegeben.