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Fährunglück: Weitere Crewmitglieder verhaftet - mehr als 180 Tote geborgen

Fährunglück vor Südkorea - Zahl der Toten auf mehr als 180 gestiegen
Fährunglück vor Südkorea - Zahl der Toten auf mehr als 180 gestiegen ©AP
Nach dem tragischen Fährunglück vor Südkorea sitzen vier weitere Besatzungsmitglieder wegen des Vorwurfs der Fahrlässigkeit in Untersuchungshaft. Die Zahl der aus dem Wrack der "Sewol" bislang geborgenen Todesopfer steigt zwar. Dutzende Menschen gelten jedoch noch als vermisst, 300 bis 400 Angehörige schweben zwischen Hoffen und Bangen.

Gegen vier weitere Crewmitglieder – darunter zwei leitende Offiziere – habe ein Gericht in der Stadt Mokpo auf Antrag der Staatsanwaltschaft Haftbefehle erlassen. Das berichtete der Rundfunksender KBS am Freitag.
Wenige Tage nach dem Unglück am Mittwoch vergangener Woche waren bereits der Kapitän, die dritte Offizierin und der Steuermann verhaftet worden. Sie sollen das sinkende Schiff mit 476 Menschen an Bord im Stich gelassen haben. Die Suche nach Vermissten ging weiter.

Tod vieler Passagiere in Kauf genommen

Die vier Crewmitglieder werden beschuldigt, ihre Verantwortungspflicht zum Schutz der Fahrgäste nicht erfüllt und damit den Tod vieler Passagiere – darunter zum größten Teil Jugendliche auf einem Schulausflug – in Kauf genommen zu haben. Den Berichten zufolge wurden bisher elf Angehörige der Besatzung festgenommen.

120 Menschen werden noch vermisst

Am Freitag stieg die Zahl der geborgenen Todesopfer auf mehr als 180. Noch immer galten etwa 120 Insassen als vermisst. Bei den bisherigen Tauchgängen zum Wrack wurde kein Überlebender entdeckt. 174 Menschen konnten gerettet werden.

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Unglücksursache weiter unklar

Die Unglücksursache für das Kentern des 6.825-Tonnen-Schiffes vor der Südwestküste ist weiter unklar. Die Ermittler gehen menschlichem Versagen wie auch möglichen technischen Fehlern nach. Ein Grund könnte sein, dass die etwa 3.500 Tonnen schwere Ladung auf der Auto- und Personenfähre nicht richtig gesichert worden sei, berichtete der staatliche Sender Arirang. Die Fahrzeuge und Container könnten verrutscht sein, sodass das Schiff in Schieflage geriet.

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Vor Unglück Problem an der Steuerung

Nach Angaben der Ermittler kenterte das Schiff an der Stelle, wo es einen Kurswechsel vorgenommen hatte. Laut Arirang war vor dem Unglück auch ein Problem an der Steuerung festgestellt worden, ohne dass der Defekt behoben wurde.

Hunderte Taucher suchten noch nach Vermissten.

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Dutzende von Angehörigen beschuldigten nach Berichten des südkoreanischen Fernsehens die Einsatzleitung, nicht alle verfügbaren Kräfte für die Bergungsaktion einzusetzen. Unter anderem verlangten sie, neben Tauchern der Küstenwache und Marine auch wieder zivile Taucher an der Suche zu beteiligen. Der Chef der Küstenwache habe zugesagt, den Forderungen nachkommen zu wollen, hieß es.

Warten, Ungewissheit und Wut

Die Angehörigen schweben zwischen Hoffen und Bangen. Die Ungewissheit nagt an ihnen, Wut macht sich breit. Die Familien sind dabei nicht nur wütend auf den Kapitän und die leitenden Crewmitglieder, die die Passagiere anscheinend schon zu einem frühen Zeitpunkt auf dem sinkenden Schiff im Stich gelassen hatten. Schon zu Anfang kritisierten die Angehörigen, dass die Behörden nicht genug für die Rettung täten. Staatspräsidentin Park Geun Hye räumte Fehler beim Krisenmanagement ein.

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Am Hafen warten noch immer verzweifelte Verwandte. Journalisten werden gebeten, keine Fragen zu stellen. Für die Betroffenen ist es ein schwerer Gang zu den weißen Tafeln mit Details über die Toten. “Ich weiß nicht”, sagt eine abgekämpft wirkende Frau, als sie sieht, dass die Merkmale nicht zu der Person passen, auf die sie noch immer wartet. Bei Nummer 163 steht, dass es sich um ein 160 Zentimeter großes Mädchen handelt. Weitere Erkennungsmerkmale seien eine rosa Brosche und lang herabfallendes Haar. “Gefunden: 9.49 Uhr, erwartete Ankunft am Hafen: 12.00 Uhr.”

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300 bis 400 Angehörige zwischen Hoffen und Bangen

Ein ähnliches Bild zeigt sich in einer etwa halben Stunde entfernten Turnhalle auf Chindo. Dort harren noch 300 bis 400 Angehörige aus. “Viele sind erschöpft und wirken krank vom langen Warten”, sagt einer der freiwilligen Helfern.

Einer der Wartenden erklärt sich bereit, auf Fragen zu antworten. “Ich bin sehr besorgt”, sagt der 31-jährige Jin Song Ho aus Seoul. Er habe schon am zweiten Tag nach dem Unglück keine Hoffnung mehr gehabt, dass noch Überlebende gefunden werden. Ein Verwandter aus der Familie seiner Mutter werde vermisst, ein Schüler der zweiten Oberschulstufe. Dessen Eltern seien sofort nach Chindo gereist. Seitdem wechseln sich Familienmitglieder ab, um sie nicht allein zu lassen. “Wir hätten uns gewünscht, dass die Bergungsarbeiten am Donnerstag abgeschlossen werden”, sagt Jin. Jetzt wolle er, dass die Fähre gehoben werde.

(APA/dpa/ red)

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