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F: Zweifel an antijüdischem Überfall

Ein antisemitisch motivierter Überfall auf eine junge Frau in der Pariser S-Bahn ist nach Einschätzung der Ermittler möglicherweise nur eine Erfindung des angeblichen Opfers.

Nach viertägigen Ermittlungen stützten weder Zeugenaussagen noch die Auswertung von Überwachungskameras die Darstellung der 23-Jährigen in irgendeinem Punkt, wie Patrick Mauduit von der Polizeigewerkschaft Synergie-Officiers am Dienstag berichtete.

Die Ermittler interessierten sich für die Persönlichkeit der jungen Mutter, die bereits ein halbes Dutzend Mal Anzeige erstattete und nach Aussage einer Bekannten einen Hang zum Fabulieren hat. Polizeigewerkschafter Mauduit berichtete, noch immer hätten sich keinerlei Zeugen des angeblichen Überfalls in der S-Bahn (RER) am Freitag gemeldet. Dabei sollen rund 20 Passagiere den Vorfall gesehen haben. Die 23 Jahre alte Marie habe zudem angegeben, sich nach dem Aussteigen an Mitarbeiter der Bahn gewandt zu haben, doch niemand erinnere sich an die Frau. Die Auswertung der Überwachungskameras aller Stationen der RER-Linie D habe keinerlei Hinweise auf den Vorfall ergeben. „Es gibt so viele Unstimmigkeiten und Widersprüche zwischen dem, was Marie erzählt und den Ermittlungen, dass die Polizisten zweifeln“, sagte der Polizist.

Eine ihrer Freundinnen habe ausgesagt, dass Marie einen Hang zum Fabulieren und Erfinden von Geschichten habe. „Le Figaro“ zitierte eine Bekannte, dass die junge Frau bisweilen von einem Ereignis der Tagesaktualität oder einer Erzählung im Freundeskreis derart gefesselt sei, dass sie sich schließlich selber darin verwickelt glaube. Ihre Freunde und Bekannten machten sich darüber lustig, sagte die Frau, die ihren Namen nicht veröffentlicht sehen will. „Ich glaube, dass die Geschichte zu 99,9 Prozent komplett erfunden ist.“

Die 23-Jährige gab an, von sechs Jugendlichen aus dem Maghreb und Afrika überfallen worden zu sein. Die Täter hätten sie als „dreckige Jüdin“ beschimpft, weil in ihren Papieren eine frühere Adresse im gehobenen 16. Pariser Arrondissement vermerkt war, eine Haarlocke abgeschnitten, ihr Hakenkreuze auf den Bauch geschmiert und beim Aussteigen den Kinderwagen mit ihrer 13 Monate alten Tochter umgestoßen.

Seit dem Wochenende hatte die gesamte politische Klasse Frankreichs mit Staatspräsident Jacques Chirac an der Spitze den angeblich antisemitisch motivierten Überfall verurteilt und die Franzosen zu Zivilcourage aufgerufen. Noch am Montagabend beteiligten sich hunderte Demonstranten an zwei Kundgebungen gegen Antisemitismus und Rassismus.

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