F: Nach Unruhen Kritik an Polygamie
Die Vielehe sei sicher einer der Gründe für die Krise in den Vorstädten, sagte der Fraktionschef der Regierungspartei UMP, Bernard Accoyer, am Mittwoch im Radiosender RTL. Ähnlich äußerte sich der Vizearbeitsminister Gerard Larcher. Scharfe Kritik kam von den Kommunisten, die von der Suche nach einem Sündenbock sprachen. Nach der Nationalversammlung sollte am Abend auch der Senat der Verlängerung des Notstandes bis Februar zustimmen.
Große, polygame Familien könnten bei Jugendlichen unsoziales Verhalten hervorrufen, sagte Larcher laut Financial Times. Die Vielehe unter Immigranten sei auch einer der Gründe für das Entstehen rassistischer Vorbehalte gegenüber Minderheiten, die letztlich zur Abweisung auf dem Arbeitsmarkt führten. In der Presse war ein Beispiel aus Aubervilliers bei Paris genannt worden, wo eine Familie aus Schwarzafrika mit vier Ehefrauen und 30 Kindern in einer Vierzimmerwohnung lebt.
Kontroverse
Unterdessen sind die nächtlichen Krawalle zwar weitergegangen, aber abgeebbt. In der 20. Nacht der Unruhen wurden 163 Autos in Brand gesetzt, wie die Polizei am Mittwochvormittag in einer abschließenden Bilanz mitteilte. Es gab 50 Festnahmen. Die schwerwiegendsten Vorfälle wurden erneut aus der Provinz gemeldet: In Grenoble wurde eine Schule in Brand gesteckt, in Chalons-en-Champagne nordöstlich von Paris eine weitere Bildungseinrichtung. Im südostfranzösischen Romans-sur-Isee wurde eine Kirche angezündet. Es war unklar, ob ein Zusammenhang mit den Unruhen besteht. Staatspräsident Jacques Chirac sprach von einem nicht akzeptablem Akt.
Statistik
Sarkozy fand auch mit seiner umstrittenen Ankündigung, ausländische Krawallmacher abzuschieben, mehrheitlich Zustimmung. 63 Prozent sprachen sich in der Umfrage dafür aus, 32 Prozent dagegen. Die Nationalversammlung hatte am Dienstagabend gegen den Widerstand der linken Opposition die Verlängerung des Notstandsrechtes um drei Monate gebilligt. Nach der erwarteten Zustimmung des Senats an diesem Mittwochabend kann die Regierung damit bis zum 21. Februar 2006 weiter Ausgangssperren für Jugendliche in Problemvierteln durchsetzen.
Die Notstandsgesetze ermöglichen 38 französischen Städten und Gemeinden unter anderem die Verhängung von Ausgangssperren, Hausdurchsuchungen ohne richterliche Genehmigung und das Verbot öffentlicher Versammlungen. Nur wenige Städte machten jedoch davon Gebrauch. Auch der Verkauf von Benzin an Jugendliche war zum Teil verboten worden, ebenso wie der Transport des Treibstoffs in Kanistern. Damit wollten die Behörden dem Bau von Molotow-Cocktails vorbeugen.