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F: Barnier holt Irak-Geiseln zurück

Nach dem Ende ihrer viermonatigen Geiselhaft im Irak befanden sich die französischen Journalisten Christian Chesnot und Georges Malbrunot am Mittwoch auf dem Weg nach Hause.

Zwei Tage vor Weihnachten wurden die Beiden mit einer französischen Militärmaschine von Bagdad nach Zypern geflogen. Dort wollte sie Außenminister Michel Barnier in Empfang nehmen und nach Paris begleiten. Ein Lösegeld sei „weder verlangt, noch gezahlt worden“, sagte Premierminister Jean-Pierre Raffarin.

Chesnot und Malbrunot waren am 20. August südlich von Bagdad mit ihrem syrischen Fahrer verschleppt worden, als sie in die umkämpfte Schiitenstadt Najaf fahren wollten. Ihr Fahrer kam am 12. November bei der amerikanischen Eroberung von Falluja frei. Von den etwa 160 seit dem Frühling im Irak verschleppten Ausländern wurden mehr als 30 ermordet.

Rund 1500 Kurden protestierten am Mittwoch in Kirkuk gegen die Serie von Attentaten im Nordirak. Nach dem verheerenden Anschlag auf einen US-Stützpunkt in Mossul leiteten die Streitkräfte eine massive Suche nach den Verantwortlichen ein. Begleitet von Schützenpanzern patrouillierten hunderte Soldaten durch mehrere Viertel der nordirakischen Stadt. Militärhubschrauber flogen dicht über den Dächern, am Himmel kreisten Kampfjets. Zwar wurde kein Ausgehverbot verhängt, dennoch waren kaum Einheimische auf den Straßen zu sehen. Die Schulen blieben geschlossen.

Über den genauen Tathergang herrschte weiter Unklarheit. Nach ersten Angaben wurde das Zelt, in dem die Soldaten ihr Essen einnahmen, am Dienstag von einer Rakete getroffen. Die islamistische Gruppe Ansar-al-Sunna, die sich zu der Tat bekannte, erklärte dagegen, ein Selbstmordattentäter habe sich auf dem Stützpunkt in die Luft gesprengt. „Wir ermitteln noch, was die Explosion verursacht hat“, sagte Hauptmann Dorren Luke. 22 Menschen waren getötet worden, unter ihnen 14 amerikanische Soldaten und einige US-Zivilangestellte.

Der polnische Ministerpräsident Marek Belka traf indes am Mittwoch zu einer überraschenden Visite im Irak ein. Der Regierungschef und Verteidigungsminister Jerzy Szmajdzinski besuchten das Hauptquartier der von Polen kommandierten internationalen Truppe für den Zentralirak in Diwaniya, wie die Nachrichtenagentur PAP berichtete. Es gab auch ein gemeinsames Weihnachtsessen mit den polnischen Soldaten. Die Regierung in Warschau hat rund 2.400 Soldaten im Irak stationiert.

In Washington wurden unterdessen neue Fälle von Misshandlungen irakischer Gefangener durch amerikanische Soldaten bekannt. Nach Angaben der US-Bürgerrechtsvereinigung ACLU geht aus internen Unterlagen der Streitkräfte hervor, dass mehr Häftlinge als bisher bekannt unter verdächtigen Umständen zu Tode kamen. So werde gegen einen Unteroffizier ermittelt, der einem Gefangenen eine Schusswaffe geben wollte, um so einen Tötungsvorwand zu provozieren. Der Unteroffizier soll seinen Soldaten gesagt haben: „Erschießt ihn, wenn er nach der Waffe greift!“

Bei einer Schießerei in der irakischen Stadt Najaf sind am Mittwoch ein Aufständischer und ein Polizist getötet worden. Sicherheitskräfte stürmten in der Früh ein Wohnhaus, wie die Polizei mitteilte. Vier mutmaßliche Rebellen seien festgenommen worden. Eine Explosion in der den Schiiten heiligen Stadt hat am Sonntag 54 Menschen das Leben gekostet, mehr als 140 wurden verwundet. Irakische Behörden haben nach eigenen Angaben rund 50 Verdächtige festgenommen.

Bei guter Gesundheit

Die aus irakischer Geiselhaft freigekommenen Reporter Christian Chesnot und Georges Malbrunot sind bei guter Gesundheit. Das wurde am Mittwoch übereinstimmend von einem Mitglied der Delegation um Außenminister Michel Barnier in Zypern und dem Chef des Pariser Rundfunkhauses Radio France, Jean-Paul Cluzel, mitgeteilt. Barnier hatte die beiden Journalisten in Zypern in Empfang genommen. Das Flugzeug mit ihm und den Ex-Geiseln an Bord sollte am Abend in Paris eintreffen.

Die Heimreise der beiden Journalisten war offenbar seit Tagen vorbereitet worden. Sicherheitsexperten erklärten, dass die Transportmaschine vom Typ Herkules C-130 zur Landung in Bagdad zumindest eine Genehmigung der US-Armee, wenn nicht auch der irakischen Behörden benötigt hatte. Es gab keine offiziellen Erklärungen darüber, wo die Ex-Geiseln ihre letzte Nacht in Bagdad verbrachten. Der Flughafen in Zypern wurde für die Übergabe offenbar deshalb ausgewählt, weil er sowohl für Militärmaschinen als auch für Passagierflugzeuge zugelassen ist und gegen die Beobachtung durch Journalisten abgeschottet werden kann.

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