Experten sehen Pensionssystem unter Reform-Druck

Im Forum "Zur Zukunft des Pensionssystems", initiiert von Bundesratspräsidentin Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP), wurden neben der Notwendigkeit der Angleichung des Pensionsantrittsalters an die steigende Lebenserwartung vor allem auch die "Pensionslücke" zwischen Frauen und Männern in den Vordergrund gerückt.
Längere Lebenserwartung stellt Pensionssystem vor Herausforderungen
Arbeits- und Sozialrechtsexperte Rudolf Mosler (Paris Lodron Universität Salzburg) sagte in seinem Beitrag, es handle sich beim Pensionsthema um eines der "wichtigsten Themen in der Sozialpolitik". Angesichts der längeren Lebenserwartung könne man entweder die Beiträge oder den Staatszuschuss zu den Pensionen erhöhen oder die Erwerbstätigkeit verlängern - "oder eine Kombination" daraus finden. Es gehe um die Frage, wo man den Schwerpunkt legt und darum, politisch in dieser Frage einen Ausgleich zu schaffen.
Im internationalen Vergleich Antrittsalter eher niedrig
Im OECD- und EU-Vergleich seien die Pensionen relativ hoch, wenn man die Nettoersatzrate betrachtet. Auch gebe es - anders als in manchen anderen vergleichbaren Staaten - in Österreich die Ausgleichszulage, die für eine Mindestabsicherung sorgt. Der Beitragssatz sei in Österreich "eigentlich stabil", so Mosler. Der Bundesbeitrag zu den Pensionen sei im internationalen Vergleich hoch, betonte er, das Antrittsalter eher niedrig.
Reformen fanden statt – doch weitere Schritte notwendig
Falsch seien Behauptungen, dass in Österreich keine Reformen des Pensionssystems stattfinden würden, sagte der Experte. So seien in den vergangenen Jahrzehnten mehrfach die Frühpensionen eingeschränkt worden, auch sei das System "vor etwas über 20 Jahren" auf die "Lebensdurchrechnung" umgestellt worden - anstelle die besten Einkommensjahre als Berechnungsgrundlage zu nehmen. Dies habe "massive Leistungskürzungen" gebracht.
Ebenso verwies er auf die seit 2024 stattfindende schrittweise Angleichung des Pensionsantrittsalters der Frauen an jenes der Männer sowie auf die Einführung des Prinzips Rehabilitation vor Pension. Und auch die aktuelle Bundesregierung habe ja Reformen geplant, verwies er u.a. auf die Anhebung der nötigen Versicherungsjahre für den Gang in die Korridorpension, die geplante Einführung einer Teilpension und weitere Reformpläne.
Geschlechtergerechtigkeit im Fokus
Wichtig sei für das Pensionssystem eine längere Erwerbstätigkeit an sich und möglichst Vollbeschäftigung. Dazu brauche es eine aktive Arbeitsmarktpolitik, mehr Bildung und Ausbildung sowie eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Ältere und ein Schließen des Gender Gaps.
Auf die Ungleichheiten zwischen Frauen und Männern und die Gefahr der Armut für Frauen fokussierte die stellvertretende WIFO-Direktorin Christine Mayrhuber. Die höchste Armuts- und Ausgrenzungsgefährdung hätten alleinlebende Frauen über 65 Jahren mit 33 Prozent, sagte sie. Das werde nur getoppt von Ein-Eltern-Haushalten mit 43 Prozent.
Wifo-Expertin sieht Teilzeit - auch - positiv
Im Gegensatz zu der oftmaligen Kritik an zu viel Teilzeit betonte Mayrhuber, dass diese doch ein "sehr gutes Instrument" gewesen sei, um mehr Flexibilität zu gewährleisten. "Natürlich ist es besser teilzeitbeschäftigt zu sein als gar nicht beschäftigt zu sein." Heutzutage haben nur mehr zehn Prozent der Frauen keinen eigenen Pensionsanspruch mehr, blickte sie in die Vergangenheit, als dies höher gewesen sei. "Es ist mir lieber eine kleine Pension als gar keine Pension zu haben", sagte sie dazu. Sie sehe Teilzeit "ambivalent", aber "durchaus positiv".
Fehlen würde ihr die politische Auseinandersetzung darüber, was ein nachhaltiges System ausmache: "Wie viel Versicherung soll sein, wo lagern wir die sozialen Komponenten dann aus?", fragte Mayrhuber.
EcoAustria-Direktorin Monika Köppl-Turyna sagte zu letzterem Thema, es bestehe eine Korrelation zwischen sozialem Status und der Lebenserwartung, wobei man hier keine Kausalität festmachen könne. Wenn man soziale Ungleichheiten ausgleichen wolle, "dann ist das nicht im Pensionssystem zu regeln (weil dieses ein Versicherungssystem ist, Anm.), sondern im Sozialsystem." Den entscheidenden Hebel sieht die Ökonomin bei der Koppelung von Pensionsantrittsalter und Lebenserwartung - und verwies auf internationale Beispiele von Pensionsautomatiken, etwa in Schweden.
(APA/Red)