Experte: Präzisere MS-Diagnose durch Hirnwasser-Checks

Diese Publikation, die am Donnerstag als Begleitpublikation zeitgleich zu dem großen, überarbeiteten MS-Diagnosekriterienkatalog erschienen ist, belege eindeutig die Vorteile dieser Hirnwasser-Untersuchung und lege eine verstärkte Anwendung an Herz. "Mit dieser Methode, die im aktuellen Kriterienkatalog sehr deutlich forciert wird, werden freie Leichtketten nachgewiesen", erklärte der Neurologe, der an der Medizinischen Universität Innsbruck tätig ist und als Erstautor der Begleitpublikation fungierte.
Das bedeute ganz konkret: "Die Konzentration ebenjener lässt sich damit quantifizieren." Eine solche Quantifizierung, die mit der bisherigen und wesentlich umständlicheren Methode nicht möglich gewesen sei, sei wiederum immens wichtig: "Je höher der Wert, desto schlechter nämlich die Prognose." Dieser Wert könnte sich schließlich beispielsweise auf die im Anschluss notwendige "Therapieintensität" und die Beratung der Betroffenen auswirken, betonte der renommierte, an der Universitätsklinik für Neurologie tätige Experte.
"Liquordiagnostik" kann sehr rasch erfolgen
In der Liquordiagnostik-Begleitpublikation zeige man nunmehr die Relevanz und die exakte Anwendung der Hirnwasser-Checks. "Diese Diagnosemethode ist mit zwanzig Minuten überaus rasch möglich", strich der Topmediziner einen weiteren Vorteil heraus. "Somit gelangt man in kürzester Zeit zu einem Nachweis der chronischen Entzündung, die MS ausmacht", führte Deisenhammer aus. Gemeinsam mit zusätzlich verankerten Untersuchungen und Diagnosekriterien, etwa mittels Magnetresonanz-Tomographie, gelange man damit zu einer Verringerung von MS-Fehldiagnosen, führte er aus.
Diese seien nämlich - wie generell in der Medizin - "ganz und gar nicht unwesentlich": "Rund zehn Prozent sind im Schnitt über alle Disziplinen und Krankheiten verteilt Fehldiagnosen, bei MS sogar bis zu zwölf Prozent." Von nicht spezialisierten Radiologen könnten migränebedingte MRT-Veränderungen etwa mit MS verwechselt werden, so Deisenhammer. Auch "vaskuläre Veränderungen" würden potenziell recht ähnlich aussehen und führten von Zeit zu Zeit zu "Verwechslungen".
Niederschwelligkeit und Einfachheit als wesentliche Vorteile
Die Liquordiagnostik habe - abgesehen von ihrem offensichtlichen Beitrag zur Reduktion von Fehldiagnosen - auch den großen Vorzug der Niederschwelligkeit und Einfachheit. "Die Zahl der Labore, die diese Methode anwenden kann, ist wesentlich höher im Vergleich zu den Laboren, die die alte Methode anbieten", berichtete Deisenhammer. Das sei in Österreich zwar "nicht das Hauptthema", aber es gebe "Gegenden auf der Welt, wo Liquor-Spezialuntersuchungen wenig bis gar nicht verfügbar sind, Leichtketten-Liquordiagnostik aber möglich ist".
Gemeinsam mit dem Vorantreiben und der Präzisierung der weiteren bereits etablierten diagnostischen Methoden sei aktuell mit der Publikation der Kriterien bereits ein "hohes wissenschaftlich-medizinisches Niveau erreicht", hielt Deisenhammer fest. "Ich sehe in den nächsten fünf Jahren keine maßgeblichen Änderungen", sagte der Mediziner über die damit verbundenen Diagnose-Kriterien, die zuletzt 2017 erneuert worden waren.
(APA)