Exil-Politiker sieht Risse in der Machtelite
Ihm lägen Berichte vor, wonach sich sogar Mitglieder der berüchtigten Bassij-Truppen geweigert hätten, Demonstranten niederzuknüppeln. Für viele Gegner von Staatschef Ahmadinejad sei der bei der Wahl Mitte Juni offiziell unterlegene Kandidat Mir-Hossein Moussavi weiterhin der “Hoffnungsträger”, fügte der 67-jährige Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler hinzu.
Dabei habe Moussavi das Land mit Rückendeckung des vor 20 Jahren gestorbenen Ayatollahs Khomeini von 1981 bis 1989 als Ministerpräsident mit äußerst harter Hand regiert. Bei den Massenprotesten gegen die iranische Führung am Sonntag in Teheran wurde nach Angaben der oppositionellen Internet-Seite Parlemannews ein Neffe Moussavis erschossen.
Als Mitglied des Schlichtungsrats, der bei Streitfällen zwischen dem Parlament und dem Wächterrat der Verfassung das letzte Wort hat, habe Moussavi seit 23 Jahren ununterbrochen seine feste Position im Auftrag des obersten Religionsführers inne, sagte Barati. Der heutige oberste religiöse Führer des Landes, Ayatollah Ali Khamenei, stehe dagegen unter großem Druck. Die Revolutionsgarden, deren Kontrolle über die iranische Wirtschaft stetig wachse, bestimmten zunehmend, wo es “politisch lang gehen” solle.
Mit einer Festnahme Moussavis rechnet Barati derzeit nicht. Eine solche Maßnahme wäre ein “Zeichen dafür, dass das Regime reif ist zusammenzubrechen”. Die Protestbewegung würde das “noch mehr motivieren und militanter machen”, sagte Barati. Schon jetzt sei sie “Ausdruck der aufgestauten Wut” der Bevölkerung über die Entwicklung der vergangenen 30 Jahre seit dem Sturz des Schahs. Während das iranische Herrschaftssystem an Zusammenhalt verliere, sei die hauptsächlich von den städtischen Mittelschichten getragene Bewegung des zivilen Ungehorsams dabei sich zu konsolidieren.
Dass eine erfolgreiche Protestbewegung auf ein “Mullah-Regime light” hinauslaufen könnte, erwartet Barati nicht. In den zurückliegenden drei Jahrzehnten hätten die Menschen im Iran gelernt, “kleine Brötchen zu backen”. Es gehe zunächst einmal darum, Menschen- und Bürgerrechte zu erkämpfen. “Kleine, dem Regime abgetrotzte Erfolge” bedeuteten, dass “eine Säule des Systems schon morsch” geworden sei, sagte Barati.
Die von Barati 2004 in Berlin mitgegründete Iranisch-Republikanische Union für einen demokratischen und säkularen Iran hat nach seinen Angaben weltweit geschätzt etwa 15.000 Anhänger.