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Ex-Grüner wird türkischer Botschafter in Wien

Die türkische Botschaft in Wien erhält einen neuen Botschafter.
Die türkische Botschaft in Wien erhält einen neuen Botschafter. ©APA/GEORG HOCHMUTH
Der deutsche Ex-EU-Abgeordnete Ozan Ceyhun wird türkischer Botschafter in Wien. Der 59-Jährige startete seine Karriere bei den Grünen, ging dann zur SPD und gilt jetzt als AKP-nahe.

Die Türkei hat einen neuen Botschafter für Wien bestellt, geht aus dem türkischen "Amtsblatt" (Resmi Gazete) hervor. Die Wahl fiel auf Ozan Ceyhun (59) und damit eine schillernde Persönlichkeit mit einer wechselvollen Politikkarriere. Nach dem Putsch von 1980 von seinem Vater zunächst nach Österreich geschickt, ging Ceyhun 1982 nach Deutschland und saß später für Grüne und SPD im Europaparlament.

Erster deutscher EU-Abgeordneter türkischer Abstammung

1992 legte er die türkische Staatsbürgerschaft zugunsten eines deutschen Passes zurück und hat, laut türkischen Medienberichten, auch jetzt noch die deutsche Staatsbürgerschaft. Ceyhun wurde 1998 erster deutscher EU-Abgeordneter türkischer Abstammung - für die Grünen. Unter anderem betätigte er sich dort als Kritiker der damaligen Koalition der ÖVP mit Jörg Haiders FPÖ. "Ich bin mit einer Deutschen verheiratet, meine Kinder sind evangelisch, mein ganzes Leben spielt sich in Deutschland ab", sagte er damals. Im Oktober 2000 wechselte Ceyhun zur SPD und wurde EU-Abgeordneter der Sozialdemokraten, wo es ihn aber nur bis 2004 hielt.

Vom AKP-Kritiker zum AKP-Berater

Schon ab 2002 zog es Ceyhun doch wieder in die Türkei. Er arbeitete als Berater für unterschiedlichste Politiker, etwa für Dervis Eroglu, Volksgruppenchef der türkischen Zyprioten oder Mustafa Sarigül, Bezirkspolitiker der linksnationalistischen CHP und zeigte sich laut damaligen Weggefährten zunächst als harter Kritiker der AKP. Dann aber wechselte er das Lager und wurde 2013 Berater der AKP, der Partei von Recep Tayyip Erdogan. 2015 stellte er sich in Izmir für die AKP zur Wahl als Abgeordneter, wurde aber nicht gewählt. Er war auch lange Jahre Kolumnist der AKP-nahen Zeitung Daily Sabah.

Ceyhun wurde in der Türkei vorgeworfen, vor 1980 als Mitglied einer linken Gruppierung (Devrimci Yol) an bewaffneten Überfällen teilgenommen zu haben und bei einem Bombenanschlag mit einem Toten beteiligt gewesen zu sein. Er wurde dafür angeklagt, im Jahr 2000 aber freigesprochen. Dennoch gab es nun nach seiner Bestellung zum Botschaft in Wien in der Türkei heftige Kritik, vor allem aus weit rechts stehenden Gruppierungen.

Erdogan bei Hochzeit anwesend

Im Juli 2018 heiratete er in der Türkei seine zweite Frau, Azize Sikdag. Medien berichteten damals ausführlich, dass die Politprominenz der AKP anwesend war, auch Präsident Erdogan, der persönlich die Heiratsurkunden übergeben habe.

Türkische Medien kritisieren auch, dass Ceyhun eine Reihe von Botschaftern verlängert, die zwar Erdogan nahestehen, aber davor nicht im Außenministerium das Handwerk gelernt haben.

Neuer Botschafter für Wien in der Türkei in der Defensive

Der künftige türkische Botschafter in Wien, Ozan Ceyhun, hat sich am Sonntag gegen zahlreiche Vorwürfe und Anschuldigungen in seinem Heimatland gewehrt. Die Vorwürfe betreffen insbesondere eine Anklage, 1977 an einem Anschlag mit einem Toten beteiligt gewesen zu sein. Ceyhun wies darauf hin, von dem Vorwurf rechtskräftig freigesprochen worden zu sein.

"Ich kenne Österreich sehr gut", zitiert ihn die Zeitung Haberjournal. Er kenne die österreichische Politik und Medien wie seine Westentasche. Wenn er vom Präsidenten Recep Tayyip Erdogan und dem Außenminister nach Wien geschickt werde, dann "tun sie das, weil sie glauben, dass ich meinem Land damit sehr nützen kann. Ich bin ein türkischer Staatsbürger, der an sich glaubt und darauf vertraut, diese Aufgabe hundertprozentig erfüllen zu können". Man solle ihn in Österreich arbeiten lassen und dann nach seinen Taten bewerten.

Ceyhun an der Seite Erdogans

Er habe in Europa Jahre damit verbracht, "gegen Terrororganisationen wie die Bewegung von Fethullah Gülen oder PKK zu kämpfen". Dafür habe er in Deutschland einen hohen Preis gezahlt und viele Brücken abgebrochen. Manche störe es wohl, dass er im Dezember 2013, während der Korruptionsvorwürfe gegen zahlreiche Spitzenpolitiker, in die auch die Familie Erdogans involviert war, "an der Seite unseres Präsidenten, wo ich sein musste", gestanden sei. Auch beim Putschversuch im Juli 2016 habe er "die nötige Haltung bewiesen" und er bemühe sich bis heute, ohne von dieser Linie abzuweichen "unserem Präsidenten auf seinem Weg ohne zu zögern zu folgen".

Auch den Vorwurf, er sei nach dem Putsch von 1980 nach Österreich geflüchtet, wies Ceyhun zurück. Er sei ohne Probleme mit seinem Pass ausgereist und habe diesen zunächst auch in der türkischen Botschaft bei Bedarf verlängert. Erst später habe er den türkischen Pass wegen der Anklage unter der Militärdiktatur verloren. Ceyhun lebte ab 1982 in Deutschland, wo er unter anderem EU-Abgeordneter erst der Grünen und dann der SPD war.

(APA/Red)

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