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EU/Türkei: Türken feiern Erdogan

Als Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan nach dem EU-Gipfel von Brüssel in der Hauptstadt eintraf, wurde er am Flughafen von begeisterten Anhängern empfangen, die ihn mit einem langen Autokonvoi in die Stadt begleiteten.

Fahrzeuge und Straßen waren mit Ballons und Fahnen in den rot-weißen Farben der Türkei und den blau-gelben Emblemen der EU geschmückt.

„Dies ist nicht nur ein politischer Erfolg der Regierung, dies ist unser gemeinsamer Erfolg als Nation“, rief Erdogan der jubelnden Menge auf dem zentralen Kizilay-Platz in Ankara zu, wo er mit Luftschlangen und Konfetti beworfen wurde. „Ihr habt uns die Kraft und die Zuversicht gegeben, gemeinsam haben wir’s geschafft.“ Mit vereinten Kräften werde die Türkei diesen Weg fortsetzen, ihre Demokratie, Rechte und Freiheiten weiter ausbauen und ihren Platz unter den modernen Staaten Europa einnehmen.

Schon in der Nacht hatten einige Tausend Menschen in Istanbul den Premier als „Eroberer Europas“ gefeiert, als er aus Brüssel zurückkehrte. Erdogan übernachtete am Bosporus, damit seine Parteifreunde in Ankara seinen Einzug in die Hauptstadt vorbereiten konnten. Obwohl die Opposition Erdogans Zugeständnisse in der Zypern-Frage als Ausverkauf nationaler Interessen geißelt, überwiegt bei Politikern, Medien und auch bei den meisten Normalbürgern die Erleichterung darüber, dass die Türkei endlich einen Termin für die lang ersehnten EU-Beitrittsgespräche erhalten hat.

Nicht nur in Istanbul und Ankara wurde gefeiert. Im zentralanatolischen Tokat sowie im südostanatolischen Kurdengebiet gingen die Menschen auf die Straße, tanzten und zündeten Feuerwerke. „Europa, höre unsere Stimmen“, sangen einige. In einem Teehaus fragte ein aufregter Mann die Gäste: „Wollt ihr in die EU?“ – „Ja“, riefen alle begeistert. Eine Frau sagte, sie sei froh, „dass wir jetzt Europäer werden“.

Bis dieses Ziel erreicht ist, bleibe aber noch viel zu tun, warnte Erdogans Regierung die Bürger. Die Reformen müssten weitergehen. „Die Türkei von morgen wird ganz anders aussehen als die Türkei von heute“, sagte Außenminister Abdullah Gül. „Jetzt müssen wir die Ärmel hochkrempeln“, kommentierte die pro-europäische Zeitung „Radikal“, und fügte hinzu: „Frohes Schaffen, Türkei.“

Nationalistische EU-Gegner in der Türkei kritisierten dagegen Erdogans in Brüssel bekundete Bereitschaft, die griechische Republik Zypern de facto anzuerkennen. Nach dem Beginn der Beitrittsverhandlungen am 3. Oktober kommenden Jahres werde die Türkei noch viele weitere Zugeständnisse an die Europäer machen müssen, sagte ein rechtsnationalistischer Kolumnist in der Zeitung „Hürriyet“ voraus. „Sie werden alles von uns verlangen, und wir werden alles hergeben.“

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