AA

Euromed: Einigung zustande gekommen

Quasi in letzter Minute ist es beim EU-Mittelmeer-Gipfel in Barcelona doch noch zu einer Einigung auf einen gemeinsamen Verhaltenskodex im Kampf gegen den Terrorismus gekommen.

Die Konferenz zum zehnjährigen Bestehen des 1995 in Barcelona vereinbarten Mittelmeerdialogs war bereits eine Stunde länger als geplant gelaufen, als es zum Durchbruch kam. Der britische Premier und amtierende EU-Ratspräsident sagte, dies sei „das stärkste Statement, das möglich gewesen“ sei. Normalerweise treffen sich beim so genannten Barcelona-Prozess nicht die Regierungschefs, sondern lediglich die Außenminister. Mit der hochrangigen Besetzung sollte der Kooperation auch politisch mehr Bedeutung verliehen werden. Allerdings machten die Staatschefs der Mittelmeer-Partnerländer durch kurzfristige Absagen dem spanischen Premier Jose Luis Zapatero und der britischen EU-Präsidentschaft einen Strich durch die Rechnung. Zwar waren die EU-Chefs fast vollzählig in die katalanische Hauptstadt gereist – für Österreich Bundeskanzler Wolfgang Schüssel -, von den 10 Euromed-Partnerstaaten kamen jedoch nur der palästinensische Präsident Mahmoud Abbas und der türkische Premierminister Recep Tayyip Erdogan, dessen Land aber mittlerweile ein Beitrittskandidat ist. Alle anderen schickten niederrangigere Regierungsvertreter.

In dem Verhaltenskodex werde „Terror in allen seinen Erscheinungsformen“ verurteilt, betonte Blair vor Journalisten. Dies sei ein „wichtiger Moment für die EU, aber auch die anderen Länder am Tisch“. An dem Text, der laut EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso die erste gemeinsame Erklärung zum internationalen Terror von EU, Ländern Nordafrikas und des Nahen Ostens ist, wurde bis zuletzt gefeilt. Laut Delegationskreisen wollten einige Staaten ein Recht auf Widerstand gegen eine Besatzungsmacht in der Erklärung verankern, als Hinweis auf die Situation in Israel und den Palästinensergebieten.

Am Nahost-Konflikt bzw. der Formulierung der gemeinsamen Vision für dessen Lösung scheiterte letztlich die Verabschiedung der Gipfel-Schlusserklärung. Stattdessen gab es ein Statement des Gipfelvorsitzes, in dem am Friedensprozess und einer „gerechten und fairen Lösung des israelisch-palästinensischen Problems“ festgehalten wird. Geeinigt haben sich die 35 Euromed-Partnerländer (25 EU-Staaten, Marokko, Algerien, Tunesien, Ägypten, Israel, Syrien, Jordanien, Libanon und die Palästinensische Autonomiebehörde sowie der EU-Beitrittskandidat Türkei) auf ein Fünf-Jahres-Programm, mit dem die politische und wirtschaftliche Zusammenarbeit verstärkt werden soll. Unter anderem soll die Rechtsstaatlichkeit und der Schutz der Menschenrechte sowie demokratische Prozesse in der Region gestärkt werden.

Ein ambitioniertes Ziel setzen sich die Gipfelteilnehmer in wirtschaftlicher Hinsicht und beim Thema Bildung. Bis 2010 soll eine Freihandelszone mit den Ländern errichtet sein, die auch landwirtschaftliche Produkte und Dienstleistungen umfassen soll. Im Schulbereich soll bis 20105 sichergestellt sein, dass alle Kinder zumindest die Unterstufe besuchen. Weiters soll in Kooperation mit den nordafrikanischen Mittelmeerstaaten der Kampf gegen illegale Einwanderung verstärkt werden, etwa durch bessere Grenzkontrollen, aber auch die Möglichkeiten zur legalen Migration ausgebaut werden.

Die EU will für den Barcelona-Prozess auch weitere finanzielle Mittel bereitstellen. Die EU hat in den vergangenen zehn Jahren für das Mittelmeerprogramm 20 Milliarden Euro an Zuschüssen und Darlehen Europäischen Investionsbank (EIB) bereitgestellt. Allein im laufenden Jahr 2005 flossen insgesamt 850 Millionen Euro über EU-Programme in die Region, weitere 2 Mrd. Euro über Darlehen. Der französische Staatschef Jacques Chirac hatte in seiner Rede mehr Geld für die mediterranen Nachbarländer gefordert, vor allem für die Zusammenarbeit bei der Migration. In der Stellungnahme des Vorsitzes heißt es zudem, dass bis 2006 die Möglichkeit der Einrichtung einer speziellen EIB-Tochter für den Mittelmeerraum geprüft werden soll.

  • VIENNA.AT
  • Chronik
  • Euromed: Einigung zustande gekommen
  • Kommentare
    Kommentare
    Grund der Meldung
    • Werbung
    • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
    • Persönliche Daten veröffentlicht
    Noch 1000 Zeichen