EuGH-Urteil zu Blutrache als Asylgrund

Der österreichische Verwaltungsgerichtshof, der sich bezüglich der Auslegung des EU-Rechts an den Europäischen Gerichtshof wandte, steht vor der Entscheidung im Fall eines Afghanen, dessen Asylantrag in Österreich abgelehnt wurde (Rechtssache C-217/23).
EuGH-Entscheidung nach Asylantrag eines Afghanen in Österreich
Der Mann hatte Asyl beantragt, mit Verweis auf eine Blutfehde, in die seine Familie verwickelt ist. Sein Vater und dessen Cousins hätten in Afghanistan eine Grundstückstreitigkeit gehabt. Die Cousins hätten wegen der dadurch ausgelösten Blutfehde bereits seinen Vater und einen Bruder getötet. Auch ihm trachteten sie deswegen nach dem Leben. Zentrale Frage im Verfahren ist nun, ob eine solche Familie als "bestimmte soziale Gruppe" gilt.
Laut EU-Recht könne man als Flüchtling anerkannt werden, wegen der "begründeten Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe", führten die EuGH-Richter aus. Allerdings könne ein Asylsuchender, dem in seinem Herkunftsland Blutrache droht, weil seine Familie in einen Streit vermögensrechtlicher Natur verwickelt ist, nicht allein aus diesem Grund als einer "bestimmten sozialen Gruppe" zugehörig betrachtet werden, erklärten sie weiter.
In dem vorliegenden Fall würden die Akten nicht zeigen, dass die Familie in ihrem Herkunftsland von der gesamten Gesellschaft als andersartig angesehen werde, so der EuGH. Ein Asylsuchender werde nicht automatisch als Mitglied einer "bestimmten sozialen Gruppe" angesehen, nur weil ihm in seinem Herkunftsland aufgrund einer Blutfehde, die aus einem vermögensrechtlichen Streit entstanden ist, physische Gewalt oder sogar Tötung drohe. Daher könne dieser Person auf dieser Grundlage nicht der Flüchtlingsstatus zuerkannt werden, kommt der EuGH zu dem Schluss. Allerdings müsse die Behörde prüfen, ob der Antragsteller Anspruch auf subsidiären Schutz habe.
(APA/red)