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EU will Position zur weltweiten Finanzmarkt-Reform beziehen

Bereits zum zweiten Mal beruft Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy einen Sondergipfel der europäischen Staats- und Regierungschefs zur aktuellen Finanzkrise ein.

Nach dem Sondertreffen der Eurozone mit staatlichen Banken-Rettungspaketen im Oktober geht es bei dem EU-Gipfel in Brüssel am morgigen Freitag um die europäische Position für den Weltfinanzgipfel in Washington. Ein französischer Entwurf für einen EU-Forderungskatalog zur Regulierung der internationalen Finanzmärkte ist noch strittig.

Vor allem Deutschland will sicherstellen, dass eine “international koordinierte Antwort auf makroökonomische Herausforderungen” nicht zu einer Art europäischen Wirtschaftsregierung führt, welche die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank (EZB) gefährdet. Auch Vizekanzler Finanzminister Wilhelm Molterer (V) hatte gesagt, eine von Sarkozy angeregte europäische Wirtschaftsregierung werde es nicht geben.

Der französische Entwurf für einen elf Punkte umfassenden EU-Forderungskatalog beim Washingtoner Gipfel verlangt unter anderem mehr Transparenz auf den Finanzmärkten, eine staatliche Registrierung und Kontrolle für Ratingagenturen, mehr internationale Zusammenarbeit der Aufsichtsbehörden sowie eine Überprüfung von Eigenkapitalvorschriften und Bilanzierungsregeln. In einem Einladungsbrief an seine EU-Kollegen kündigt Sarkozy einen neuen Text für Leitlinien für die Gipfeldiskussion am Freitag an.

Bei dem Gipfel am Freitag will Sarkozy außerdem über Konjunkturmaßnahmen für die europäische Wirtschaft reden: “In einer Zeit, in der unsere Volkswirtschaften einen großen Abschwung verzeichnen, bestehe ich auf der Notwendigkeit für eine konzertierte Anstrengung, um Maßnahmen zu finalisieren, die unabdingbar sind, um Wachstum und Beschäftigung zu unterstützen”, heißt es in dem Schreiben des französischen Präsidenten. Sarkozy will darauf auch beim EU-Gipfel Mitte Dezember zurückkommen. Die EU-Kommission hat für 26. November einen “umfassenden Plan zur Belebung der europäischen Wirtschaft” angekündigt. Die Kommission will darin Anreize für Klimaschutz-Projekte, saubere Autos und eine Ausweitung der Hilfe über den EU-Globalisierungsfonds vorschlagen.

Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (S) soll am Freitag eine von den Spitzen der europäischen Sozialdemokraten (SPE) verfasste “progressive Wegskizze” zur Reform der Regulierung der Finanzmärkte vorlegen. In dem als Zehn-Punkte-Programm formulierten “Fahrplan” wollen die Sozialdemokraten Europa als Vorreiter bei der Neuorganisation der Aufsicht der Finanzmärkte positionieren. Die SPE-Spitzen wollen sich diesbezüglich auch mit den Demokraten des künftigen US-Präsidenten Barack Obama koordinieren. Der Katalog der Sozialdemokraten ist in etlichen Punkten weiter gehender als die bereits beim Finanzminister-Treffen am Dienstag diskutierten Punkte des französischen Ratsvorsitzes.

So werden unter jenen Finanzinstituten, die künftig “keine Freie Fahrt” mehr haben sollen, ausdrücklich auch Hedge Funds und Private-Equity-Unternehmen genannt. Weiters findet sich unter den SPE-Forderungen eine Europäische Finanzaufsicht, die über den Zwischenschritt einer verpflichtenden Vernetzung der einzelnen nationalen Behörden geschaffen werden soll sowie ein ausdrückliches Verbot von spekulativen Leerverkäufen. Unter dem Punkt “Gier und Interessenskonflikte” verlangen die Sozialdemokraten ausdrücklich eine Beschränkung von Managergehältern.

Für die Diskussion der europäischen Staats- und Regierungschefs ist lediglich ein zweistündiges Mittagessen anberaumt. Am nächsten Samstag, den 15. November, treffen sich die Spitzen der G-20-Gruppe auf Einladung des scheidenden US-Präsidenten George W. Bushs in Washington, um über die Turbulenzen an den Finanzmärkten zu beraten. In der G-20 haben sich die führenden Industrie- und Schwellenländer zusammengeschlossen. Auch Bushs designierter Nachfolger Obama soll an dem Gipfel aktiv teilnehmen.

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