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EU will beim Erben im Ausland helfen - Scheidungen spalten

Europa will beim Erben im Ausland helfen. Jedes Jahr erbten etwa 450.000 EU-Bürger in anderen Ländern nachgelassene Werte in Höhe von insgesamt 123 Milliarden Euro, sagte EU-Justizkommissar Jacques Barrot.

Die Justizminister der 27 Mitgliedstaaten peilten bei ihrem Treffen in Prag deshalb gemeinsame Regeln an, die bürokratische Probleme bei Erbschaften in anderen EU-Ländern ausräumen sollen. Ein konkreter Vorschlag komme im März auf den Tisch, sagte Barrot.

Bisher ist das europäische Erbschaftsrecht stark zersplittert. Besitzt etwa ein deutsches Pensionistenpaar ein Haus auf Mallorca und eines in Deutschland, käme das Erbrecht beider Staaten zur Anwendung, berichtete die deutsche Justizministerin Zypries. Viele nationale Vorgaben seien auf europäischer Ebene “nicht kompatibel”. So unterscheiden einige EU-Länder zwischen dem Erbe an Gebäuden und Grundstücken und dem Erbe an Geld. Zudem wird in einer Reihe von Ländern die Erbschaftssteuer bereits im Voraus vom Erbe abgezogen, in anderen nicht. Schließlich ist auch die Erbschaftssteuer unterschiedlich hoch.

Justizministerin Claudia Bandion-Ortner, die in Prag ihr Debüt auf EU-Ebene absolvierte, signalisierte Unterstützung für die Pläne im Erbrecht. Eine Regelung dieser Frage deshalb so wichtig, “weil die Mobilität in der EU immer größer wird”, sagte sie der APA. Sie erläuterte, dass für die einzelnen Vermögensteile weiterhin das jeweilige nationale Recht zur Anwendung kommen werde. Die EU-Regelung ermögliche aber, das Verlassenschaftsverfahren vor einem einheimischen Gericht abzuwickeln und die im Ausland liegenden Vermögenswerte dann mittels eines “Erbscheins” relativ unbürokratisch in Besitz zu nehmen. Obwohl es einige skeptische Meinungen zum Plan gegeben habe, gehe sie von einer Einigung aus.

Geplante Regeln zur Scheidung internationaler Paare sorgen hingegen weiterhin für Streit in der europäischen Staatenfamilie. Zehn Länder (darunter Österreich) seien für einen Alleingang in dieser Frage, sagte der tschechische Justizminister und EU-Ratsvorsitzende Jiri Pospisil. Etwa ebenso viele lehnten eine verstärkte Zusammenarbeit einiger EU-Staaten ab. Die übrigen seien unentschieden. Es wäre das erste Mal in Europas Geschichte, dass eine Gruppe der 27 Staaten dieses Instrument nutzt. “Es wird keinen einstimmigen Beschluss geben”, begründete Bandion-Ortner das österreichische Eintreten für einen Alleingang in dieser Frage. Nun stelle sich nur noch die Frage, wie viele Staaten bei dem Plan mitziehen.

Dagegen äußerte sich die deutsche Justizministerin Brigitte Zypries skeptisch über eine solche Lösung, weil dies zu einer Zersplitterung des Rechts in Europa führe: “Das kann nicht das Ziel sein”. Die schwedische Ressortchefin Beatrice Ask bekräftigte, dass ihr Land gemeinsame EU-Regeln zur Scheidung internationaler Paare ablehne. “In Schweden wäre das ein Rückschritt, zumindest für einige junge Frauen”, sagte Ask. Sie habe aber nichts dagegen, wenn andere Länder dies ohne Schweden regelten.

EU-Justizkommissar Jacques Barrot kündigte eine Entscheidung bis zum Herbst, “vielleicht noch unter tschechischem Vorsitz” im Frühsommer an. Der Kommissar machte deutlich, dass er dafür mindestens eine Gruppe von 14 der 27 EU-Staaten sehen wolle. In der EU gibt es pro Jahr rund 170.000 grenzüberschreitende Scheidungen, das ist immerhin jede sechste Ehetrennung.

Der luxemburgische Ressortchef Luc Frieden forderte indes weitere Fortschritte im Familienrecht. “Ich denke, die EU muss sich um grenzüberschreitende Auswirkungen familienrechtlicher Entscheidungen kümmern”, sagte Frieden der Deutschen Presse-Agentur dpa. So sollte eine in den Niederlanden geschlossene Ehe zweier Homosexueller auch in Luxemburg oder Deutschland anerkannt werden. Auch Adoptionen bereiteten häufig Schwierigkeiten, sagte Frieden. Bandion-Ortner sagte dazu, sie würde es “generell befürworten, dass eine Anerkennung in diesen Bereichen erfolgt”. Sie fügte aber mit Blick auf die Tatsache, dass es im österreichischen Familienrecht keine gleichgeschlechtlichen Partnerschaften gibt, hinzu, die materiellen Regelungen in Österreich wären durch einen etwaigen EU-Beschluss “nicht betroffen”.

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