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EU: Verhandlungen mit Türkei eröffnet

Nach mehr als 40 Jahren Wartezeit ist die Tür für einen Beitritt der Türkei in die Europäische Union geöffnet. Die Außenminister der EU und der Türkei läuteten in der Nacht zum Dienstag in Luxemburg formell die Beitrittsverhand-lungen ein. Internationale Pressestimmen

Danach begann auch die offizielle Eröffnung der Beitrittsgespräche mit Kroatien.

„Wir haben gerade Geschichte geschrieben“, sagte der amtierende EU-Ratsvorsitzende Jack Straw bei der Eröffnung der Verhandlungen mit der Türkei. Der türkische Außenminister Abdullah Gül sprach von einem „wichtigen Wendepunkt“ und betonte: „Jetzt beginnen die Gespräche für eine Vollmitgliedschaft der Türkei.“

Nur Stunden zuvor hatte die Europäische Union ihren von Österreich ausgehenden internen Streit über den Beitritt als Ziel der Verhandlungen beigelegt. Gül war von Ankara nach Luxemburg geflogen, nachdem die türkische Regierung Textänderungen zugestimmt hatte. Da Gül den Termin 3. Oktober für den Start der Gespräche knapp verpasste, ließ die britische EU-Ratspräsidentschaft die Uhr im EU-Konferenzzentrum anhalten. Diese zeigte noch immer den 3. Oktober an, der im Ratsvorsitzland tatsächlich noch nicht zu Ende war.

Gül verwies darauf, dass die bilateralen Beziehungen zwischen der EU und der Türkei bis 1959 zurückreichen. Wenn die Türkei der EU beitrete, werde dies Europa bereichern, sagte Gül. Eine EU-Mitgliedschaft der Türkei werde beitragen „zum Frieden der Welt und zum Verständnis der Kulturen“. Ein solcher Schritt müsse vor allem wegen seiner strategischen Bedeutung betrachtet werden. Gül betonte, die Türkei werde den Weg der Reformen weitergehen. „Was immer die EU verlangt, wir sind bereit, das zu erfüllen.“ Gül betonte zudem: „Wir sind bereit, Wort zu halten, und wir erwarten von der EU, dass sie dasselbe tut.“

Straw sagte: „Der heutige Abend macht deutlich, dass es nicht um Religion geht, sondern um Werte.“ Die Aufnahme der Verhandlungen sei „ein weiterer Meilenstein auf dem Weg zu einem Beitritt“ der Türkei. Die Entscheidung werde auch die Europäische Union stärken. Sie zeige, dass die EU „auf Werten basiere und nicht auf Geschichte“. Die Türkei sei schon immer ein Teil Europas gewesen. EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn sagte, es beginne „eine neue Epoche in den Beziehungen zur Türkei“.

Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) hatte sich zuvor sich „stolz“ auf das Ergebnis des EU-Pokers um die Aufnahme der Türkei-Verhandlungen gezeigt. Österreich sei es gelungen, erstmals die Aufnahmefähigkeit der EU und die finanzielle Gleichbehandlung aller Staaten als Voraussetzung für einen türkischen Beitritt festzuschreiben, sagte er Montag Abend im ORF-„Report“. Für SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer ist das Ergebnis lediglich „besser als nichts“. Die Regierung habe allerdings „viel versäumt“.

Dienstag Früh nahm die EU auch Beitrittsverhandlungen mit Kroatien auf. Die letzte Hürde hatte am Montag die Chefanklägerin des UNO-Tribunals in Den Haag, Carla Del Ponte, aus dem Weg geräumt: Sie bescheinigte der Regierung in Zagreb eine uneingeschränkte Zusammenarbeit mit dem Tribunal für Kriegsverbrechen im früheren Jugoslawien. Damit sei „die noch ausstehende Bedingung für den Beginn von Beitrittsverhandlungen erfüllt“, erklärten die EU-Außenminister in Luxemburg.

Ursprünglich hatte die EU die Verhandlungen mit Kroatien bereits am 17. März aufnehmen wollen. Del Ponte hatte Zagreb bisher aber vorgeworfen, bei der Fahndung nach gesuchten mutmaßlichen Kriegsverbrechern nicht hinreichend mit ihr zusammenzuarbeiten. Dabei ging es vor allem um die Auslieferung des gesuchten Exgenerals Ante Gotovina. Del Ponte warf Zagreb vor, dass der General „in Reichweite der Regierung“ sei, diese aber nichts zu seiner Festnahme unternehme.

In ihrem am Montag in Luxemburg vorgelegten Bericht erklärte die UNO-Chefanklägerin indes: „Ich kann sagen, dass Kroatien seit einigen Wochen vollständig mit uns kooperiert und alles tut, was es kann, um Ante Gotovina zu finden und festzunehmen.“ Sie äußerte allerdings Zweifel an der Darstellung Zagrebs, Gotovina habe Kroatien verlassen. Nach Angaben anderer Quellen halte sich Gotovina „in Kroatien oder in Bosnien-Herzegowina auf, und es gibt Hinweise, dass er sich in einem franziskanischen Kloster verstecken könnte“, heißt es in Del Pontes Bericht.

Außenministerin Ursula Plassnik (V) beglückwünschte Kroatien zu dem positiven Bericht der UNO-Chefanklägerin. Berichte über ein Junktim zwischen der Türkei und Kroatien, für dessen EU-Beitritt Österreich sich stark gemacht hat, wies die Ministerin zurück.

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