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EU-Türkei-Treffen über Beitrittsverhandlungen

Ankara - Die Europäische Union erwartet von der Türkei nach den für Juli angesetzten vorgezogenen Parlamentswahlen verstärkte Reformanstrengungen.

Er hoffe, dass es für den Weg der Türkei in Richtung EU „auch nach den Wahlen keine Alternative“ geben wird, sagte der deutsche Außenminister und EU-Ratsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier am Montag nach Konsultationen einer von ihm geleiteten EU-Troika mit der türkischen Regierung in Ankara. Die EU verhandelt seit Oktober 2005 über eine Vollmitgliedschaft der Türkei.

Nach der Wahl im Juli müsse die neue Regierung das Land näher an die Union heranführen, sagte auch Erweiterungskommissar Olli Rehn. Steinmeier drückte die Hoffnung aus, dass es auch nach der Neuwahl keine Alternative zum EU-Kurs gebe. Der türkische Außenminister Abdullah Gül versicherte, die Türkei werde ihre Reformvorhaben fortsetzen. Freilich, die Regierungspartei AKP ist, nicht zuletzt wegen der schlechten Umfragen, inzwischen die die einzige türkische Partei, die offen am Pro-EU-Kurs festhälthält.

Die EU will drei weitere Kapitel in den Beitrittsverhandlungen mit der Türkei eröffnen, noch bevor die Ratspräsidentschaft am 1. Juli von Deutschland an Portugal übergeht. Deutschland habe sich in der Zeit seines EU-Vorsitzes darum bemüht, die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei voranzubringen, betonte Steinmeier. „Am 26. Juni planen wir, wenn nur irgend möglich, drei weitere Kapitel zu eröffnen.“ Neben dem Zypern-Streit führen Kritiker eines EU-Beitritts der Türkei auch die Lage der Menschenrechte in dem Land an.

Steinmeier bedauerte, dass es in der Zypern-Frage „keinerlei Bewegung“ gegeben habe. Dies gelte für die Ratifizierung des so genannten Ankara-Abkommens, mit dem sich die Türkei verpflichtet hat, Häfen und Flughäfen für das EU-Mitglied Zypern zu öffnen. Aber auch die Durchsetzung des Direkthandels Nordzyperns mit der EU bleibe Aufgabe der nachfolgenden Ratspräsidentschaft. Wegen des Streits um Zypern hatte die EU im Dezember die Beitrittsverhandlungen in acht von 35 Politikfeldern (Kapiteln) ausgesetzt und den Beitrittsprozess der Türkei damit abgebremst.

Auch die Lage im Nordirak und die jüngsten Anschläge der kurdischen Rebellengruppe PKK in der Türkei kamen in Ankara zur Sprache. Die türkische Armee fordert von der Regierung ein politisches Mandat für einen Einmarsch nach Nordirak und verstärkt seit Wochen die Truppen in der Grenzregion. Die USA hatten die Türkei am Wochenende vor einseitigen Militäraktionen in Nordirak gewarnt.

Unter Hinweis auf einen jüngsten Terroranschlag in der türkischen Hauptstadt Ankara sagte Steinmeier, die EU verfolge die Entwicklung in der Türkei nicht nur mit Aufmerksamkeit, sondern auch mit „Anteilnahme“. Was den Kampf gegen den Terrorismus angehe, habe er im Gespräch mit dem türkischen Außenminister Abdullah Gül „keinerlei Hinweise“ darauf erhalten, dass die Türkei ein militärisches Einschreiten im Nordirak plane. Von dort aus operieren Kämpfer der illegalen Kurdischen Arbeiterpartei PKK, die seit Beginn des Frühjahrs ihre Angriffe in der Türkei erneut verstärkt hat.

Die Türkei befindet sich derzeit mitten in einer Staatskrise. Ein Streit zwischen der islamisch orientierten Regierungspartei AKP und der säkularen Elite um die Präsidentennachfolge war derart eskaliert, dass die Parlamentswahlen auf den 22. Juli vorgezogen wurden. Der Staatspräsident soll künftig nicht mehr im Parlament, sondern in Direktwahlen durch das Volk bestimmt werden.

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