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EU stoppt Verhandlungen mit Serbien

EU-Kommission hat Verhandlungen mit Serbien-Montenegro über Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen gestoppt, nachdem Kriegsverbrecher Ratko Mladic nicht ausgeliefert wurde.

Dies teilte Erweiterungskommissar Olli Rehn am Mittwoch in Brüssel mit. Der serbische Ministerpräsident Vojislav Kostunica kritisierte die Entscheidung. Belgrad habe alles getan, um Mladic aufzuspüren. Er sei nun „völlig allein“ auf der Flucht.

Serbien hatte am 30. April eine zuvor bereits um einen Monat verlängerte Frist der Europäischen Union verstreichen lassen, den früheren Oberbefehlshaber der bosnisch-serbischen Armee auszuliefern. Mladic wird unter anderem für das Massaker an moslemischen Zivilisten in der ostbosnischen Stadt Srebrenica im Juni 1995 verantwortlich gemacht. Mit dem früheren Präsidenten der bosnisch-serbischen Republik, Radovan Karadzic, gehört er zu den meistgesuchten Kriegsverbrechern. Die EU hatte im Vorjahr bereits den Beginn von Beitrittsverhandlungen mit Kroatien mehrere Monate lang verzögert, weil der gesuchte kroatische General Ante Gotovina nicht ans Haager Tribunal überstellt worden war.

Rehn sagte, er habe seine Entscheidung nach einer Information von Tribunals-Chefanklägerin Carla del Ponte getroffen, die den serbischen Behörden ein negatives Zeugnis ausgestellt habe. Die Gespräche könnten wieder aufgenommen werden, sobald Serbien voll mit dem Tribunal zusammenarbeitet. Es sei „offensichtlich“, dass der militärische Gehemidienst in Serbien nicht unter zivil-demokratischer Kontrolle der Regierung in Belgrad stehe, kritisierte Rehn. Es gehe um die „demokratische Reife“ des Landes und die damit verbundene Kontrolle der Streitkräfte.

„Serbien-Montenegro hat eine europäische Vision und eine europäische Perspektive“, unterstrich Rehn. Das Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen sei ein erster Schritt des Landes auf dem Weg zur EU und würde den Bürgern konkrete Vorteile beim Handel und bei Investitionen bringen. Die Kommission hatte im Frühjahr 2005 die Aufnahme der Gespräche empfohlen, nachdem Serbien-Montenegro „große Fortschritte“ bei der Zusammenarbeit mit dem Kriegsverbrechertribunal gemacht habe, sagte Rehn. Diese Zusammenarbeit sei aber immer zur Bedingung für die Gespräche gemacht worden. Im Februar wurde schließlich das Ultimatum zur Auslieferung von Mladic verhängt, das Ende März um einen weiteren Monat verlängert wurde.

Kostunica sagte nach Bekanntwerden der EU-Entscheidung, die serbische Regierung habe alles getan, um Mladic an des UNO-Tribunal auszuliefern. „Angesichts der Tatsache, dass sein gesamtes Netzwerk an Helfern aufgedeckt wurde, versteckt sich Ratko Mladic nun völlig allein. Nun geht es darum aufzudecken, wo er sich verbirgt“, erklärte Kostunica. Ihn zu lokalisieren sei nur noch eine „technische Frage“. Investitionsminister Velimir Ilic äußerte sich ähnlich. Alle früheren Verstecke und zahlreiche Helfer von Mladic seien entdeckt worden. „Alles ist bekannt, nur er (Mladic) ist nicht zu finden“, sagte er. In der Vergangenheit hatte es immer wieder Berichte gegeben, wonach hohe Militärs Mladic Unterschlupf und Unterstützung bieten.

Del Ponte widersprach den serbischen Regierungsvertretern. „Vor zehn Tagen wussten sie genau, wo er sich aufhielt“, sagte sie in Den Haag. Mladic sei in oder bei Belgrad und wechsle von einem Appartement in ein anderes. Sie hoffe, dass der Druck der EU Belgrad zur Änderung der bisherigen Haltung bewegen werde.

Der serbisch-montenegrinische Außenminister Vuk Draskovic äußerte sich bei einem Besuch in Griechenland enttäuscht von der Entscheidung. „Die Chancen auf eine europäische Zukunft sind für Serbien gesunken.“ Zugleich betonte er, dass nur eine Auslieferung von Mladic Brüssel zufrieden stellen werde. Der montenegrinische Präsident Filip Vujanovic bezeichnete die Aussetzung der Verhandlungen als „sehr unangenehm“. Montenegro werde die Folgen aber nur bis zu seinem Unabhängigkeitsreferendum am 21. Mai zu tragen haben, sagte er. „Nach dem Unabhängigkeitsreferendum wird dies nur eine mit Serbien verbundene Angelegenheit sein“, wurde Vujanovic von der staatlichen Presseagentur Tanjug zitiert.

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