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EU-Staaten in Irak-Frage auf Einigungskurs

Die europäischen Kriegsgegner und -unterstützer berieten mit UNO-Generalsekretär Kofi Annan über die Rolle von UNO und EU im Nachkriegs-Irak.

Die EU-Staaten sind nach ihrer tiefen Spaltung über den Irak-Krieg auf Einigungskurs in der Diskussion über die Nachkriegsordnung. Überraschend bereiteten die Staats- und Regierungschefs auf ihrem Gipfeltreffen am Mittwoch in Athen nach Angaben von Diplomaten eine offenbar noch allgemein gehaltene Erklärung über die Rolle der EU und der UNO im Irak vor, die die Grundlage für eine umfassende Einigung auf einem Außenministertreffen in zwei Wochen sein könnte. Die Erklärung gehe auf eine gemeinsame Position der vier EU-Staaten im UNO-Sicherheitsrat zurück – Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Spanien – sagten Diplomaten weiter.

Frankreich hatte unmittelbar vor dem eigentlich der EU-Erweiterung gewidmeten Gipfeltreffen mit neuer Kompromissbereitschaft zur Frage der UNO-Rolle den Weg zu einer Annäherung an die USA und Großbritannien geebnet. Die USA wollen der UNO zwar eine „vitale Rolle“ zubilligen, die entscheidende Funktion aber den von ihnen angeführten Siegermächten des Irak-Kriegs vorbehalten. Einen Tag vor dem Gipfel hatte Frankreichs Präsident Jacques Chirac in einem Telefonat mit seinem US-Kollegen George W. Bush dann eine „pragmatische Lösung“ angeboten.

Auch der britische Premierminister Tony Blair bemühte sich am Mittwoch beim EU-Sondergipfel in Athen um einen Brückenschlag zwischen Kriegsgegnern und -befürwortern. Blair, engster Verbündeter von US-Präsident George W. Bush, setzte sich dabei für eine zentrale Rolle der Vereinten Nationen zwischen Europa und den USA ein. UNO-Generalsekretär Kofi Annan lotete in Athen mit führenden EU-Politikern die politischen Möglichkeiten der Weltorganisation im Nachkriegs-Irak aus. Blair sagte Annan zu, dass die UNO beim Wiederaufbau des Irak eine wichtige Rolle über humanitäre Hilfe hinaus spielen sollten. „Die UNO wird keine kleine Rolle zum Thema Nachkriegs-Irak spielen“, sagte Blair.

Die Linie Blairs hatte sich schon am Vorabend bei einem Treffen mit Bundeskanzler Gerhard Schröder in Hannover gezeigt, auch wenn es noch keine konkrete Festlegung auf die UNO-Rolle gegeben hatte. Dies müsse zwischen den am Irak-Krieg beteiligten Ländern und den Vereinten Nationen ausgehandelt werden, erklärten beide. Schröder und Blair betonten, ihre Meinungsverschiedenheiten wegen des Krieges begraben zu wollen. Auch die Beziehungen zu den USA sollten wieder von Zusammenarbeit geprägt sein.

Schröder, der erst am Nachmittag zu der Gipfelrunde stieß, hatte allerdings schon zuvor erklären lassen, im Gegensatz zu Chirac wolle er noch nicht den persönlichen Kontakt zu Bush suchen. Ein Regierungssprecher wies in Berlin darauf hin, dass Schröder den US-Präsidenten spätestens beim G-8-Gipfel in Frankreich Anfang Juni sehen werde. Schröder und Bush waren zuletzt beim NATO-Gipfel in Prag Ende November vergangenen Jahres kurz zusammengetroffen.

Der UNO-Generalsekretär erklärte, er sei zuversichtlich, dass die UNO eine wichtige Rolle spielen werde. Annan erwartet, dass die UNO-Aufgaben in den nächsten Wochen klar umrissen werden. Wenn die Spaltungen im Sicherheitsrat der UNO überwunden seien, werde dies auch anderen Organisationen gelingen, sagte er mit Blick auf die EU.

Dänemark lotete am Rande des Gipfels bereits die Bereitschaft seiner EU-Partner für einen Beitrag in einer internationalen Friedenstruppe im Irak aus. Ministerpräsident Anders Fogh Rasmussen sagte, dazu seien schnelle Entscheidungen nötig. Er habe den Eindruck, dass mehrere Länder Interesse hätten.

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