EU-Prognose sieht BIP-Rückgang dieses Jahr nur in Österreich

Die Inflation bleibt bei 2,9 Prozent über dem EU-Durchschnitt und dem Zielwert von 2 Prozent. Das Defizit wird mit 4,4 Prozent der Wirtschaftsleistung den erlaubten Wert von 3,0 Prozent überschreiten.
Ungünstiger als noch bei Herbstprognose
Die jüngste Prognose der EU für Österreich ist in allen wesentlichen Punkten deutlich ungünstiger als die Herbstprognose im November. Zu diesem Zeitpunkt hatte die EU-Kommission noch ein Wirtschaftswachstum von 1,0 Prozent und eine Inflationsrate von 2,1 Prozent prognostiziert. Das Defizit sollte 2025 bei 3,7 Prozent liegen. Wenigstens bleibt die Vorhersage für die Arbeitslosenquote stabil bei 5,3 Prozent.

EU-Prognose: Wirtschaft in Österreich soll 2026 wieder wachsen
Österreich war schon 2024 mit einem Wirtschaftsrückgang um 1,2 Prozent Schlusslicht in der EU. Auslöser waren rückläufige Investitionen und ein stagnierender Konsum, schreibt die EU-Kommission. Hohe Energiepreise und stark steigende Produktionskosten hätten die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie leiden lassen. Das werde auch die Exporte belasten.
Immerhin erwartet die EU-Kommission für 2026 ein Wirtschaftswachstum von 1,0 Prozent. Auch soll die Inflation dann mit 2,1 Prozent praktisch auf den Zielwert der EU zurückgehen. Dennoch bliebe das Wachstum unter dem Durchschnitt der EU-Staaten und die Inflation darüber. Auch das Defizit Österreichs wird laut Prognose mit 4,2 Prozent auch 2026 noch über dem Maastricht-Limit und über dem EU-Schnitt von 3,4 Prozent liegen.
Österreichs Wirtschaft brauche einen "Befreiungsschlag" und "Rahmenbedingungen, die stimmen", forderte Christoph Neumayer, Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV) in einer Aussendung. Entlastungen brauche es insbesondere bei den Energiekosten, den Lohnstückkosten und der Bürokratie. "Um dafür die erforderlichen Spielräume zu schaffen, braucht Österreich substanzielle Reformen" bei den Pensionen, der Bildung, Gesundheit und Verwaltung. Solche Reformen "vermisst man im Doppelbudget bislang auf weiten Strecken". Neumayer verwies zugleich auf die geplante neue Industriestrategie für Österreich, "die schnell zusätzliche entscheidende Antworten und Maßnahmen setzen könne".
Auch die FPÖ kritisiert die für Österreich schlechte Prognose. "Die aktuelle Vorhersage der EU ist damit in allen wesentlichen Indikatoren deutlich schlechter als die Herbstprognose im November 2024. Das wird die Verhandlungsposition der Regierung im EU-Defizitverfahren natürlich deutlich verschlechtern", erwartet FPÖ-Wirtschaftssprecherin NAbg. Barbara Kolm. "Wir brauchen eine mutige Wirtschaftspolitik mit Entlastung, Investitionsanreizen und Bürokratieabbau." Die Körperschaftssteuer müsse gesenkt und die Förderlandschaft entrümpelt werden.
Die SPÖ wiederum sieht "Licht und Schatten in der EU-Prognose". Zunächst lasse die gesamteuropäische Entwicklung hinsichtlich der Inflationsbekämpfung vorerst aufatmen, meinte EU-Abgeordnete Evelyn Regner, Mitglied im Wirtschafts- und Währungsausschuss, Montagnachmittag in einer Aussendung. Gleichzeitig schreite das Wirtschaftswachstum nur langsam voran und in Österreich halte die Rezession weiter Einzug. "In Europa heißt es jetzt: investieren, investieren, investieren- und das am besten gemeinsam", so Regner. Wichtig ist in jedem Fall, dass dort, wo gespart werden muss, - ob in Österreich oder gesamteuropäisch - die Maßnahmen auf breiten Schultern getragen werden und auch die großen Unternehmen zur Kasse gebeten werden", fügte die SPÖ-Politikerin hinzu.
Ganze Eurozone wächst laut EU-Prognose nur mäßig
Die Eurozone wird laut Reuters nach Prognose der EU-Kommission heuer erneut ein mäßiges Wachstumstempo anschlagen und Deutschland sogar auf der Stelle treten. Demnach wird der Euroraum ein Plus beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 0,9 Prozent erreichen, wie die EU-Behörde am Montag in ihrer Frühjahrsprognose vorhersagte. Im Herbst hatte sie noch einen Zuwachs von 1,3 Prozent veranschlagt. 2024 war die Eurozone um 0,9 Prozent gewachsen.
Für die gesamte EU sagt Brüssel ein Plus beim BIP von 1,1 Prozent im laufenden Jahr und von 1,5 Prozent für 2026 voraus: "Die EU-Wirtschaft zeigt sich trotz hoher Handelsspannungen und zunehmender globaler Unsicherheit widerstandsfähig", erklärte EU-Wirtschaftskommissar Valdis Dombrovskis und fügte hinzu: "Gestützt auf einen robusten Arbeitsmarkt und steigende Löhne dürfte sich das Wachstum 2025 fortsetzen, wenn auch in moderatem Tempo."
Hauptauslöser für die starke Rücknahme der Prognose seien die steigenden Zölle und die "gestiegene Unsicherheit verursacht von den jüngsten abrupten Veränderungen in der Handelspolitik der USA sowie die Unabsehbarkeit der letztgültigen Zölle", heißt es in der Kommissionsprognose.
Deutschland wird voraussichtlich nach zwei Rezessionsjahren auch 2025 nicht aus dem Konjunkturtal herauskommen: Die EU-Kommission sagt für heuer eine Stagnation voraus, nachdem sie im Herbst noch ein Plus von 0,7 Prozent prognostiziert hatte. Erst 2026 wird die größte Volkswirtschaft Europas demnach in die Wachstumszone zurückkehren. Mit 1,1 Prozent dürfte das deutsche BIP damit aber nicht so stark zulegen wie im Euroraum, für den die EU-Kommission einen Zuwachs von 1,4 Prozent erwartet.
EU-Prognose: Inflation der Eurozone könnte bald unter Kontrolle sein
Die Inflation könnte im Euroraum schneller als bisher prognostiziert sinken und 2025 auf das Zwei-Prozent-Ziel der Europäischen Zentralbank zusteuern. Die Kommission erwartet, dass die Teuerungsrate 2025 auf 2,1 Prozent fällt und 2026 mit dann 1,7 Prozent sogar unter die Marke von zwei Prozent sinken wird: "Doch wir dürfen nicht selbstzufrieden sein", mahnte Dombrovskis. Die Risiken für die Aussichten seien weiter abwärtsgerichtet. "Daher muss die EU entschlossene Maßnahmen ergreifen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken."
Im Schnitt ganze EU mit zu hohem Defizit
Österreich hat zwar mit über 4 Prozent des BIP sowohl 2025 als auch 2026 ein überdurchschnittlich hohes Defizit, ist allerdings mit einer viel zu hohen Neuverschuldung nicht alleine. Heuer werden auch Belgien, Irland, Frankreich, Zypern, die Slowaken, Finnland, Dänemark, Ungarn, Polen und Rumänien über vier Prozent Defizit ausweisen, drei weitere Länder stehen zwischen drei und vier Prozent. Im Schnitt liegen alle EU-Staaten zusammen mit 3,3 Prozent Neuverschuldung über der gemeinsam vereinbarten Schwelle von drei Prozent. Das wird 2026 sogar geringfügig schlechter - die durchschnittliche Neuverschuldung dürfte auf 3,4 Prozent sogar noch leicht zulegen.
(APA/Red)