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EU-Parlament verurteilt CIA-Flüge

Nach einem Jahr Untersuchung durch den CIA-Sonderausschuss hat das EU-Parlament geheime Gefangenenflüge und Entführungen durch den US-Geheimdienst in Europa verurteilt.

Das EU-Parlament verurteilte „die Praxis der außerordentlichen Überstellungen als illegales und systematische Instrument der Vereinigten Staaten beim Kampf gegen den Terrorismus“. Nach Auffassung der Straßburger Abgeordneten haben die Geheimdienste und Regierungsbehörden mehrerer europäischer Länder dies Vorgehensweise akzeptiert und verschleiert.

Seit den Terrorangriffen auf die USA vom 11. September 2001 bis Ende 2005 hätten „mindestens 1.245 Flüge der CIA in europäischen Luftraum stattgefunden“, oder sie seien auf europäischen Flughäfen zwischengelandet, heißt es in der Entschließung weiter. Dazu komme noch „eine unbekannte Zahl von Militärflügen, die dem gleichen Zweck dienten“. Die Abgeordneten kritisierten mehrere Länder, darunter Italien, Großbritannien, Spanien, Schweden, Portugal und Mazedonien.

Gerügt wird auch die mangelnde Aufklärung von zwei Entführungsfällen von legal in Österreich lebenden Ausländern – des Sudanesen Masaad Omer Behari und des Ägypters Gamalo Menshawi – in der jordanischen Hauptstadt Amman Anfang 2003. Die Festnahmen seien jedoch ohne Mitwirkung der österreichischen Behörden erfolgt, betonten die Abgeordneten.

Vorwürfe gegen die frühere deutsche rot-grüne Regierung wurden abgeschwächt. Im Fall des Entführungsopfers Khaled el-Masri habe es „keine Beteiligung der deutschen Behörden“ gegeben. Ein US-Angebot zur Auslieferung des Terrorverdächtigen Murat Kurnaz aus dem US-Gefangenenlager Guantanamo sei „von den deutschen Behörden nicht akzeptiert“ worden. Im Entwurf war noch von der „deutschen Regierung“ die Rede. Ob es geheime Haftanstalten in Rumänien, Polen oder im Kosovo gegeben habe, konnten die Europaabgeordneten nicht abschließend klären.

EU-Justizkommissar Franco Frattini forderte Konsequenzen aus der Affäre. Es sei Pflicht der Regierungen, in dieser Angelegenheit weiter zu ermitteln und Beamte zu bestrafen, die „den Staat verraten“ haben, sagte er. Es müsse sicher gestellt sein, dass derartige Ereignisse nicht mehr vorkämen, verlangte Frattini. Eine stärkere Kontrolle der Geheimdienste durch die Parlamente sei „unverzichtbar“. Die Kommission sei außerdem bereit, mitzuhelfen, sichere Kriterien für die legitime Nutzung des europäischen Luftraums zu erstellen. Die Drohung mit EU-Sanktionen wegen schweren Grundrechtsverletzungen, die bis zum Entzug des Stimmrechtes eines EU-Mitgliedslandes führen könnten, ließen die Abgeordneten weitgehend fallen. Der EU-Ministerrat müsse aber weiter Druck auf die genannten Länder machen, forderten sie.

Der sozialdemokratische Fraktionsvizechef Hannes Swoboda erklärte, die Abgeordneten hätten „konkrete Fälle von illegalen Überführungen belegen können“. Die Betroffenen hätten sich in Europa rechtmäßig aufgehalten und seien in Länder verbracht worden, wo Folter angewendet werde. Den Regierungen warf Swoboda „Vernebelung statt Aufklärung“ bei der Untersuchung vor. „Da hat auch die österreichische (EU-)Präsidentschaft nicht geholfen.“

Der ÖVP-Abgeordnete Hubert Pirker kritisierte dagegen den mit einer Mehrheit von 382 von 712 Abgeordneten verabschiedeten Abschlussbericht. „Der CIA-Bericht des Europäischen Parlaments bringt gar nichts ans Licht. Außer Spesen ist nichts gewesen – und ob zwei Millionen Euro an Kosten für einen bunten Mix aus alten Fakten und widersprüchlichen Unterstellungen gerechtfertigt sind, bleibt mehr als nur dahin gestellt“, bemängelte er. Der FPÖ-Europaabgeordnete Andreas Mölzer erklärte, die „Rückkehr in die Steinzeit der Menschenrechte“ sei „eine Schande für die EU“. Die europäischen Regierungen hätten bei Völkerrechts- und Menschenrechtsverletzungen „untätig zugesehen“.

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