Die Abgeordneten stellten sich heute insbesondere gegen Pläne des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy, auf die für Frankreich vorgesehenen zusätzlichen zwei Sitze zwei Parlamentarier der französischen Nationalversammlung zu entsenden.
“Eine Abordnung durch Sarkozy können wir nicht zulassen, wenn wir nicht in die Steinzeit der europäischen Demokratie vor 1979 (damals wurde das Europaparlament erstmals in direkter Volkswahl bestimmt, Anm.) zurückfallen wollen. Außerdem können wir nicht in einigen Teilen der Welt demokratische Wahlen fordern und dies für das Europäische Parlament vorübergehend außer Kraft setzen”, betonte der deutsche SPD-Europaabgeordnete Matthias Groote.
SPÖ-Delegationsleiter Jörg Leichtfried sagte, es sei wahrscheinlich, dass Frankreich auf die Besetzung der zwei zusätzlichen Parlamentarierposten vorerst verzichte. Einen Beschluss für die Entsendung von insgesamt 18 zusätzlichen EU-Abgeordneten erwartet er im Herbst, wobei die Abgeordneten bis zur Ratifizierung einer entsprechenden Vertragsänderung in allen Staaten nur Beobachterstatus hätten, also kein Stimm- und Rederecht.
Das EU-Parlament will, dass die 18 neuen Mitglieder ihren Platz noch während der laufenden Legislaturperiode einnehmen. Das Parlament stimmte am Donnerstag einer Ergänzung des Lissabonner Vertrages zu, um die notwendigen Änderungen ohne Einberufung eines Konvents mit Parlamentariern zu ermöglichen. Die Entscheidung muss nun von den EU-Staaten im Rahmen einer Regierungskonferenz beschlossen werden.
Nach dem Lissabon-Vertrag soll die Zahl der Europaabgeordneten von derzeit 736 auf 751 aufgestockt werden. Da das EU-Parlament vergangenen Juni aber noch nach den Regeln des Vertrags von Nizza gewählt wurde, soll die Zahl in der laufenden Legislaturperiode 754 betragen. Erst danach würde Deutschland wie bei den Verhandlungen um den Lissabon-Vertrag vereinbart drei Abgeordnete verlieren und anstatt mit derzeit 99 nur mehr mit 96 im Europaparlament vertreten sein.
Spanien wird mit vier zusätzlichen EU-Abgeordneten vertreten sein, Österreich, Frankreich und Schweden jeweils mit zwei weiteren. Für Österreich sollen für die SPÖ der Listen-Fünfte Josef Weidenholzer (S) und für das BZÖ voraussichtlich Ewald Stadler einziehen. Derzeit ist Österreich mit 17 EU-Parlamentariern vertreten. Jeweils einen zusätzlichen Abgeordneten stellen künftig Bulgarien, Italien, Lettland, Malta, die Niederlande, Polen, Slowenien und Großbritannien.