AA

EU-Konvent geht in zehntägigen Schlussspurt

Die nächsten zehn Tage entscheiden, ob der EU-Konvent, in dem derzeit eine Verfassung für Europa ausgearbeitet wird, ein Erfolg wird oder kläglich scheitert.

Konventspräsident Valery Giscard d„Estaing ist zwar schon am vergangenen Donnerstag in Aachen für Verdienste um Europa mit dem Karlspreis ausgezeichnet worden, doch die letzte Schlacht um Europa steht dem 77-jährigen früheren französischen Präsidenten noch bevor.

Während viele, auch wichtige Fragen schon geklärt sind, hat sich nun alles auf das entscheidende Thema konzentriert: Auf die künftige Machtverteilung in der EU, zwischen der Europa verpflichteten EU-Kommission, dem EU-Parlament und dem EU-Ministerrat, in dem die Regierungen der Mitgliedsländer ihre Interessen einbringen.

Giscard schwebt nach französischem Modell ein starker Präsident vor, der von Staats- und Regierungschefs (Europäischer Rat) auf mehrere Jahre aus ihrer Mitte gewählt würde. 16 mittlere und kleine Länder, darunter Österreich, wehren sich gegen die Dominanz der Großen im Ministerrat. Sie lehnen einen ständigen Präsidenten des Europäischen Rates ab und wollen die derzeit übliche halbjährliche Rotation beibehalten. Stimme und Gesicht Europas soll der geplante EU-Außenminister sein.

Für die EU-Kommission besteht Österreich, wie eine Mehrheit der Mitgliedsländer und die Institution selber, auf einem Kommissar pro Land, auch nach der Erweiterung der EU auf 25 Staaten. Hingegen wollen einige Mitgliedsländer die Zahl der Kommissare auf 14 begrenzen, was auch von der EU-Kommission selber abgelehnt wird.

Der Kompromiss, der von den Benelux-Ländern eingebracht wurde, dürfte in einem Präsidenten des Europäischen Rates mit stark beschnittenen Kompetenzen und einer großen EU-Kommission, in der aber nicht alle Kommissare die gleichen Kompetenzen haben, liegen. Offen ist auch noch die genaue Zusammensetzung des EU-Parlaments.

Neben den Institutionen ist der Übergang auf Mehrheitsentscheidungen noch strittig. Giscard hat für die Außenpolitik de facto Einstimmigkeit vorgeschlagen, was von einer Mehrheit der Konventsmitglieder abgelehnt wird. Giscard habe ein zu offenes Ohr für die Regierungen der großen Mitgliedsländer, so die Kritik am Präsidenten. Der überarbeitete Vorschlag für diesen Bereich muss in den nächsten Tagen vorgelegt werden.

Während im Konvent bisher jedes Mitglied seine eigenen Änderungsvorschläge einbrachte und für sich sprach, soll es in den zwei jeweils dreitägigen Sitzungen diese und nächste Woche anders zugehen, hat Giscard angekündigt. Er will nur mehr mit den großen Gruppen, also Vertretern der Regierungen, der nationalen Parlamente, des EU-Parlaments und der EU-Kommission verhandeln. Diese sollen sich zwischenzeitlich untereinander abstimmen. Statt langer Sitzungen im Plenum dürfte es zahlreiche parallele Tagungen geben, die nur zwischendurch zusammenkommen.

Das Ziel ist jedenfalls ein Konsens. „Was ein Konsens ist, werden wir wissen, wenn wir ihn haben“, so die Formulierung, denn es ist klar, dass es nicht um Einstimmigkeit gehen kann. Was immer das Ergebnis, es wird anschließend, voraussichtlich im Herbst, noch von den Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten überarbeitet.

  • VIENNA.AT
  • Chronik
  • EU-Konvent geht in zehntägigen Schlussspurt
  • Kommentare
    Die Kommentarfunktion ist für diesen Artikel deaktiviert.