449 Abgeordnete stimmten mit Ja, 149 mit Nein, 82 enthielten sich der Stimme. Eine breite Mehrheit war erwartet worden, nachdem die drei größten Fraktionen, die Europäische Volkspartei (EVP), die Sozialdemokraten (SPE) und die Liberalen (ALDE), ein Ja angekündigt hatten. Etwa ein Viertel der Liberalen und Sozialdemokraten stimmte der neuen Kommission allerdings nicht zu, während Grüne, Linke und EU-Skeptiker fast geschlossen mit Nein stimmten.
Schon am Montag wollen die Kommissare, darunter Benita Ferrero-Waldner (Außenbeziehungen), mit ihrer Tätigkeit beginnen. Barroso zeigte sich sehr zufrieden mit der Zwei-Drittel-Mehrheit. Die Kommission sei gestärkt aus dem Konflikt mit dem Europaparlament hervorgegangen und auch die europäische Demokratie sei gestärkt worden. In den kommenden fünf Jahren müsste die Kommission konkrete Ergebnisse liefern, die sich im Alltagsleben der einzelnen Bürger auswirken. Es gehe darum, mehr Wachstum und mehr Beschäftigung zu schaffen sowie wirtschaftliche Dynamik mit sozialer Gerechtigkeit zu verbinden, um die sozialen Errungenschaften zu sichern.
In der Plenardebatte hatten nämlich vor allem Linkspolitiker die allzu wirtschaftsliberale Ausrichtung der 24 Kommissionsmitglieder kritisiert. SPE-Fraktionschef Martin Schulz kündigte an, dass sich die Sozialdemokraten bei sozial unausgewogenen Vorschlägen wieder gegen die Barroso stellen könnten. Das ist der Beginn eines Kampfes, den wir fünf Jahre lang führen werden. Die sozialen Errungenschaften, die in den Mitgliedstaaten erkämpft wurden, können nicht auf europäischer Ebene geopfert werden.
Zahlreiche Redner bemängelten, dass Barroso nicht alle sechs vom Parlament angeprangerten Kommissare ausgetauscht hat. Am meisten Kritik musste sich die niederländische Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes anhören, der Interessenskonflikte attestiert werden. Wie die EU-Kommission bestätigte, muss sie zunächst zwei bis drei von rund tausend zu prüfenden Kartellfällen wegen Befangenheit abgeben. Kroes war vor ihrer Bestellung in zahlreichen Aufsichtsräten tätig.
Barroso verteidigte sich mit den Worten, dass er bei der Auswahl seines Teams nicht freie Hand gehabt und die Vorschläge der nationalen Regierungen berücksichtigen musste. Man muss aber festhalten, dass einige Regierungen hilfreicher waren als andere. Er zeigte sich aber bereit, bei einem künftigen Misstrauensvotum des Parlaments gegen einen Kommissar ernsthaft dessen Abberufung zu überlegen oder sich für dessen Verbleib im Amt zu rechtfertigen. Dies hatte das Parlament vor der Abstimmung über die Kommission in einer mit großer Mehrheit angenommenen Resolution gefordert.
Der Grüne Fraktionschef Daniel Cohn-Bendit appellierte vor der Abstimmung an seine Kollegen, Barroso keinen Blankoscheck auszustellen. Der Chef der Vereinigten Linken, Francis Wurtz, sagte, die neoliberale Kommission wolle ein Europa schaffen, das der Bürger nicht will. Der britische Euroskeptiker Nigel Farage bezeichnete die Kommission als Kollegium von kommunistischen Apparatschiks und korrupten Politikern, während sich der französische Rechtspopulist Jean-Marie Le Pen an der Auswechslung des Italieners Rocco Buttiglione stieß, der zum laizistischen Märtyrer geworden sei.
Von den 18 österreichischen Abgeordneten stimmten zwölf der neuen Kommission zu, je sechs ÖVP- und SPÖ-Abgeordnete. SPÖ-Abgeordneter Herbert Bösch stimmte ebenso dagegen wie die beiden Grünen Parlamentarier und die zwei Mandatare der Liste Hans-Peter Martin. FPÖ-Mandatar Andreas Mölzer enthielt sich.
Barroso hatte seinen ursprünglichen Personalvorschlag am 27. Oktober zurückgezogen, nachdem er mit einer Niederlage im Parlament rechnen musste. Die Kritik entzündete sich am designierten Justizkommissar Buttiglione, dem diskriminierende Äußerungen zu Homosexualität und Frauen zugeschrieben werden. Buttiglione wurde durch Franco Frattini ersetzt und die wegen eines Parteispendenskandals unter Beschuss geratene Lettin Ingrida Udre wurde durch Andris Piebalgs ausgetauscht, der nun Energiekommissar ist. Dem ursprünglich für dieses Amt vorgesehenen Ungarn Laszlo Kovacs wies Barroso das Ressort Steuern und Zölle zu, nachdem der Außenpolitiker in der Anhörung vor dem Energieausschuss Schwächen gezeigt hatte.