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EU-Gipfel: Österreich kommt einfach nicht vom Gas weg

Deutschland und Österreich sind nach Zahlen der Europäischen Kommission beim Gassparen zuletzt langsamer vorangekommen als andere EU-Staaten.
Deutschland und Österreich sind nach Zahlen der Europäischen Kommission beim Gassparen zuletzt langsamer vorangekommen als andere EU-Staaten. ©Canva, APA, AFP, AP
Kein Durchbruch, aber Einheit gewahrt: Im Streit über die richtigen Maßnahmen gegen die hohen Energiekosten haben die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten einen Kompromiss gefunden.

Nach rund zehnstündigen Verhandlungen stand beim EU-Gipfel in der Nacht zum Freitag die Abmachung, an einem Preisdeckel gegen extrem hohe Gaspreise zu arbeiten und andere Optionen weiter zu prüfen.

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So will die EU nun gegen die Gas-Krise vorgehen

"Wir werden einen Marktkorrekturmechanismus einführen, um Episoden überhöhter Gaspreise zu begrenzen", erklärte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in der Nacht auf Freitag das Ergebnis der rund zehnstündigen Verhandlungen beim EU-Gipfel in Brüssel. Ihre Behörde werde mit den Fachministern der EU-Staaten an einem Gesetzesvorschlag arbeiten.

In der Abschlusserklärung des Gipfels ist konkret von einem "vorübergehenden dynamischen Preiskorridor" für den Handel mit Gas die Rede. Dieser dürfe allerdings nicht die Versorgungssicherheit gefährden. Zudem soll eine Kosten-Nutzen-Analyse für einen Preisdeckel für Gas durchgeführt werden, das zur Stromproduktion genutzt wird. Der Höchstpreis dürfe nicht dazu führen, dass der Gasverbrauch zunehme.

Uneinigkeit herrscht zwischen deutschsprachigen EU-Staaten

Für einen Gaspreisdeckel hatten sich im Vorfeld 15 der 27 EU-Staaten ausgesprochen, doch vor allem Deutschland leistete Widerstand und stieß damit auch den traditionellen Kooperationspartner Frankreich vor den Kopf. Der deutsche Kanzler Olaf Scholz zeigte sich nach den stundenlangen Beratungen zufrieden. "Wir haben uns zusammengerauft", sagte er. Zugleich bekräftigte er seine Skepsis gegenüber dem "iberischen Modell", das unter anderem von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) stark favorisiert wird. Die Meinungen der deutschsprachigen EU-Mitgliedsstaaten sind demnach geteilt.

Dabei sind sich die Staaten im Umgang mit der Energiekrise derzeit durchaus ähnlich - wenn auch im negativen Sinne: Deutschland und Österreich sind nach Zahlen der Europäischen Kommission beim Gassparen zuletzt langsamer vorangekommen als andere EU-Staaten. Im August wurden zwar 28 bzw. 26,7 Prozent weniger Gas verbraucht - verglichen mit dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre in dem Monat. Wie aus Daten der Kommission hervorgeht, wurde aber im September nur noch eine Einsparung von 7,4 bzw. 10,4 Prozent erreicht.

Diese Staaten hinken beim Energie sparen deutlich hinterher

Angesichts der Gasknappheit und der hohen Preise hatten sich die EU-Länder im Juli darauf geeinigt, ihren Gasverbrauch zwischen August und Ende März des kommenden Jahres freiwillig um 15 Prozent zu senken, verglichen mit dem Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre. Bei weitreichenden Gasversorgungsengpässen kann ein Unionsalarm ausgelöst werden, wodurch die Sparmaßnahmen verpflichtend würden.

In einigen wenigen Ländern ist der Verbrauch allerdings entgegen dieser Maßnahmen sogar noch gestiegen. Keine Einsparungen im relevanten Zeitraum erzielte beispielsweise Spanien. Das Land verbrauchte im August 2,6 Prozent mehr Gas, im September 0,9 Prozent. Das Land hat einen Preisdeckel für Gas in der Stromproduktion eingeführt. Auch in der Slowakei und in Irland wurde in beiden Monaten mehr verbraucht. In Frankreich stieg der Verbrauch erst um 1,6 Prozent an, dann sank er um 2,5 Prozent - dort sind die Preise für Verbraucher gedeckelt.

EU-Gipfel: So bewertet der Kanzler die geplanten Maßnahmen

Nehammer hatte sich vor Gipfelbeginn verärgert gezeigt, dass sich das von Spanien und Portugal praktizierte Modell der Gaspreisdeckelung nicht im Maßnahmenpaket der EU-Kommission fand. Nach den Beratungen war der Kanzler jedoch zufrieden. "Es ist tatsächlich ein Rat mit guten Nachrichten", sagte er vor Journalisten. Zum einen werde das "iberische Modell" von der EU-Kommission weiterentwickelt, so Nehammer. "Das ist ein wirklicher Fortschritt, weil es zuerst so ausgesehen hat, als würden wir uns damit nicht durchsetzen."

Zweitens soll es einen Gaspreisdeckel geben. Damit ist eine mögliche Preisobergrenze auf den Großhandelspreis TTF an der niederländischen Börse gemeint, um Preisschwankungen einzugrenzen. Ebenso "erfreulich" sei die Einigung auf einen gemeinsamen Gaseinkauf. Dieser solle nun "tatsächlich umgesetzt werden", betonte Nehammer. Viertens soll zur Unterstützung finanzschwacher Länder in der Energiekrise auf bestehende Fonds zurückgegriffen und keine neuen Geldtöpfe gefüllt werden.

Nehammer weiterhin überzeugt von "iberischem Modell"

Der Gaspreisdeckel könne schon in die Umsetzung kommen, erklärte der Kanzler weiter. Das "iberische Modell" sei deutlich komplexer, weil es viel mehr europäische Staaten betreffe und bei der Umsetzung noch Fragen offen seien. "Aber für Österreich war der Fortschritt wichtig, dass es nicht von vornherein abgelehnt wird", sagte Nehammer. Deutschland hätte "große Bedenken" geäußert.

Der Bundeskanzler betonte auch, Nationalstaaten müssten jetzt "akut" helfen. Die EU-Kommission habe in Aussicht gestellt, dass alle Fördermaßnahmen "verwaltungstechnisch" einfacher gehandelt werden. Bei der Finanzierung des "iberischen Modells, das ist komplexer, werden wir noch von Monaten sprechen", erklärte Nehammer.

(APA/dpa/VOL.AT)

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