AA

EU-Gipfel ganz im Zeichen der dramatischen Finanzkrise

Vor dem Hintergrund der sich täglich verschärfenden Lage an den Börsen und drohender Rezession suchen die EU-Regierungschefs am Mittwoch bei einem EU-Gipfel in Brüssel nach Rezepten gegen die internationale Finanzkrise.

Der Druck auf die Staats- und Regierungschefs ist enorm, Rufe nach einer noch koordinierteren europäischen Antwort werden immer lauter.

So wird erwartet, dass etwa der britische Regierungschef Gordon Brown seine Pläne für eine konzertierte internationale Aktion zu staatlichen Garantien für den Interbankenmarkt vorbringt, um Banken wieder Sicherheiten für dringend benötige Kredite zu gewähren.

Großbritannien will in einer noch nie dagewesenen Rettungsaktion per Teilverstaatlichung mit bis zu 50 Mrd. Pfund (64 Mrd. Euro) Anteile an den größten Banken des Landes kaufen.
Basis der bisherigen EU-Bemühungen sind die Beschlüsse der EU-Finanzminister vom Dienstag, wonach die Einlagensicherung für private Sparguthaben von 20.000 auf mindestens 50.000 Euro angehoben wird und die Staaten keine “systemrelevanten” Banken in die Pleite schlittern lassen wollen.

Österreich und Deutschland garantieren hundert Prozent der Einlagen. Frühere Überlegungen zu einem europäischen Bankenrettungsfonds scheiterten am Widerstand Berlins. Außerdem will die EU noch in den nächsten Wochen striktere Bilanzierungsregeln, schärfere Eigenkapitalrichtlinien und Vorschriften für Rating-Agenturen angehen. Auf den Märkten haben diese Ankündigungen bisher nicht zur erhofften Beruhigung geführt.

Mit der Finanzkrise droht auch die ehrgeizige Klimaschutzpolitik der Europäischen Union auf die lange Bank geschoben zu werden. Es gebe einige EU-Staaten, die bereits fragten, ob die Ziele nicht zu ehrgeizig seien, hieß es sagte am Freitag in Ratskreisen. Allerdings betonten mehrere Delegationen, am Zeitplan und der geplanten Einigung über das EU-Klimaschutzpaket bis Jahresende hielten bisher alle 27 Staaten fest. “Aber es ist schwieriger geworden”, formulierte ein ranghoher Diplomat.


Vorstellungen liegen weit auseinander

So wollen Polen, Ungarn und andere osteuropäische Staaten auch Investitionen in den Klimaschutz berücksichtigt sehen, die sie vor 2005 geleistet haben. Warschau verlangt außerdem Ausnahmen für seine zahlreichen Kohle-Kraftwerke im Emissionshandel, da die Regierung einen drastischen Anstieg der Strompreise befürchtet.
Deutschland und Österreich pochen auf Ausnahmen für die energieintensive Industrie. Außerdem liegen derzeit noch die Vorstellungen zwischen EU-Parlament und den meisten Regierungen weit auseinander.

Auf der Tagesordnung der Regierungschefs steht auch die Krise um den Lissabon-Reformvertrag, der im Juni von der Mehrheit der Iren abgelehnt wurde. In Delegationskreisen wird eine mögliche zweite irische Abstimmung nicht mehr vor Oktober 2009 erwartet.
Beim bevorstehenden Gipfel will der britische Premier Brian Cowen nur eine Analyse seiner Regierung über die Gründe des Neins bei dem Referendum vorlegen. Lösungsvorschläge der irischen Regierung werden in Brüssel erst bis zum Dezember-Gipfel erwartet.

Für Österreich nehmen Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (S), Außenministerin Ursula Plassnik (V) und Finanzminister Wilhelm Molterer (V) an dem Gipfeltreffen teil. Die Außenminister beraten über die mögliche Wiederaufnahme von Verhandlungen über ein Partnerschaftsabkommen mit Moskau nach einem russischen Truppenabzug aus Kern-Georgien.
Angesichts der täglich dramatischeren Entwicklung auf den Finanzmärkten stehe noch nicht einmal die Liste von Themen fest, hieß es in Ratskreisen.

  • VIENNA.AT
  • Politik
  • EU-Gipfel ganz im Zeichen der dramatischen Finanzkrise
  • Kommentare
    Kommentare
    Grund der Meldung
    • Werbung
    • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
    • Persönliche Daten veröffentlicht
    Noch 1000 Zeichen