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EU-Gipfel bringt Stabilitätsunion der 26: Briten scheren aus

Einer gegen alle?
Einer gegen alle? ©EPA
Der EU-Gipfel zur Euro-Rettung hat keinen großen Durchbruch gebracht, doch den Weg für eine Stabilitätsunion mit Stärkung der Eurozone geebnet.

26 der 27 EU-Staaten sprachen sich für einen Reformvertrag zu einem Fiskalpakt auf zwischenstaatlicher Basis aus, lediglich Großbritannien verhinderte mit seinem Veto eine mögliche EU-Vertragsänderung. Der britische Premier David Cameron zog sich mit seinem Verhalten den Unmut der anderen Staats- und Regierungschefs zu.

Ungeachtet der hohen Erwartungen im Vorfeld des Gipfels und Warnungen vor der letzten Chance für die Euro-Rettung reagierten die Finanzmärkte verhalten. An den US-Börsen zeigte sich sogar etwas Erleichterung. Und auch die Zinsen für zehnjährige Staatsanleihen von Euro-Ländern zeigten im Sekundärmarkthandel keine größeren Ausschläge.

Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel sprach trotz der Blockade Großbritanniens von einem “Durchbruch zu einer Stabilitätsunion”. Die Vereinbarung auf schärfere Haushaltsregeln und eine engere Wirtschaftskooperation in der Eurozone sei ein wichtiger Schritt auf einem längeren Weg. Sie trat gleichzeitig entschieden gegen eine baldige Aufstockung von Mitteln des Euro-Rettungsschirms ESM – mit einer Kapazität von 500 Mrd. Euro – auf, der ein Jahr früher ab Mitte 2012 einsatzbereit sein soll. Auch werde der ESM nicht parallel zum derzeitigen, befristeten Rettungsschirm EFSF laufen, sagte Merkel.

Sarkozy: Forderungen zum Schutz britischer Interessen “inakzeptabel”

Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy verließ den Gipfel am Freitag früher. Er zeigte sich verärgert über das Verhalten von Cameron, dessen Forderungen zum Schutz britischer Interessen “inakzeptabel” gewesen seien. Österreichs Kanzler Werner Faymann (S) attestierte Cameron einen “völlig falschen Zugang”. Es sei “keine große Stunde des Teamgeistes der EU” gewesen. Zur Schuldenbremse in der Verfassung, die ja zunächst im Nationalrat gescheitert ist, sagte Faymann, er wolle bereits kommenden Mittwoch einen neuen Anlauf mit der Opposition machen. Es gehe dabei nicht darum, der Regierung einen Gefallen zu tun, sondern dass Österreich weniger Zinsen am Kapitalmarkt zahle. Eine Schuldenbremse im Verfassungsrang würde auch Österreich unabhängiger machen. Jedenfalls sei von dem nun angestrebten Fiskalpakt der 26 in Österreich keine Volksabstimmung notwendig, solange die Budgethoheit beim Parlament liege und dieses entscheide, wie der Rahmen einzuhalten sei.

Sollte im März eine weitere Vertiefung der EU in Steuer- und anderen Fragen beschlossen werden, wäre dies eine andere Ausgangslage und könnte in drei bis fünf Jahren zu einer Volksabstimmung auch in Österreich führen. Ein solcher Passus im Gipfelentwurf sei nunmehr aber auf März vertagt worden, das Ergebnis ungewiss. Auch Deutschland müsste eine Volksabstimmung durchführen, wenn sein Hoheitsrecht im Budget angetastet würde, sagte Faymann.

Cameron selbst versuchte die Abseitsstellung Großbritanniens damit abzuschwächen, dass er gleich nach dem Gipfel betonte, sein Land bleibe trotz der Isolation bei der geplanten Fiskalunion EU-Mitglied. Die Niederlande hätten sich bereiterklärt, britische Interessen in der Eurozone wahrzunehmen.

“Euro ein gemeinsames Gut”

EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy zeigte sich optimistisch. Die 17 Mitglieder der Eurozone und “viele andere” hätten sich auf einen neuen Fiskalpakt eingeschworen. “Es werden fast 27 sein, 26 Staats- und Regierungschefs haben signalisiert, mitzumachen”. Sie hätten anerkannt, dass “der Euro ein gemeinsames Gut ist, das sie anerkennen”. Spätestens im März nächsten Jahres soll der fiskalpolitische Vertrag unterzeichnet sein.

Sarkastisch reagierte der CDU-Europaabgeordnete Elmar Brock auf das Verhalten Londons. “Cameron muss feststellen, wenn sich demnächst die 26 treffen, sitzt er im Vorzimmer”.

Der EU-Gipfel hat außerdem beschlossen, erst im Februar die Entscheidung zu treffen, ob Serbien offiziellen Kandidatenstatus erhält. Diese Entscheidung könnte dann beim nächsten offiziellen EU-Gipfel im März 2012 abgesegnet werden. Montenegro soll im Juni 2012 EU-Beitrittsverhandlungen eröffnen, wenn zuvor die EU Fortschritte im Kampf gegen Korruption und Organisierte Kriminalität feststellt. Erfreut zeigten sich die Gipfel-Teilnehmer über die Unterzeichnung des Beitritts-Vertrags für Kroatien. Zieldatum für den Beitritt als 28. Land der EU ist 1. Juli 2013.

(APA)

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