Wir haben schon eine Reflexionsphase, nämlich für die Verfassung. Es wäre ein großer Rückschlag für Europa, noch eine für die Erweiterung auszurufen. Dies würde in der Praxis bedeuten, dass wir Kroatien die Tür vor der Nase zuschlagen, obwohl es ein verdienstvoller Kandidat ist, sagte Vanhanen am Donnerstag laut Redetext im Parlament in Helsinki.
Damit schlägt der finnische EU-Ratsvorsitzende deutlich andere Töne an als etwa EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso, der am Montag eine EU-Erweiterungspause nach den Beitritten Rumäniens und Bulgariens 2007 eingemahnt hatte. Demnach sollte die EU zuerst ihre Verfassungskrise lösen, bevor sie weitere Mitglieder aufnimmt.
Die Erweiterung sei ein Teil des Wiederaufbaus und der Erneuerung Europas, betonte Vanhanen. Die Westbalkan-Staaten hätten eine starke europäische Berufung, die durch praktische Taten gewürdigt werden muss. Die Region habe eine tragische Vergangenheit, daher müsse die europäische Perspektive für sie greifbar bleiben. Die Zukunft des Kosovo bleibt unentschieden. Montenegro hat gerade seine Unabhängigkeit erlangt. Serbien muss zu einer neuen Zukunft mit Europa finden. Mazedonien, Bosnien-Herzegowina und Albanien sind alle naturgemäß europäische Partner. Wenn man diesen Ländern die Tür verschließt, hätte das ernste Folgen, sagte der finnische Ministerpräsident.
Die EU dürfe potenziellen Beitrittskandidaten keine neuen Bedingungen auferlegen, da dies die entsprechenden Länder bei ihren Reformbemühungen entmutigen würde. Vanhanen kündigte eine generelle Erweiterungsdebatte beim EU-Gipfel in Brüssel im Dezember an. Einer der Schlüsselbegriffe in der Diskussion sei die Aufnahmefähigkeit der EU, sagte er. Diese sei zwar eine Erwägung, zusätzlich zu den politischen und wirtschaftlichen Bedingungen für die EU-Mitgliedschaft (Kopenhagener Kriterien). Die Präsidentschaft ist aber klar der Auffassung, dass diese Debatte nicht zu weiteren Bedingungen für die Erweiterung führen kann und soll, unterstrich Vanhanen.
Vanhanen versicherte, die finnische EU-Ratspräsidentschaft setze intensive und konstruktive Gespräche mit Zypern und der Türkei fort, um eine Lösung im Streit um die Ausweitung der Zollunion zu finden. Die Türkei muss nach einem Beschluss der EU bis Jahresende ihre See- und Flughäfen für die Republik Zypern öffnen, die Ankara diplomatisch nicht anerkennt.