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EU: Defizitverfahren gegen Großbritannien

Die EU-Kommission hat ein Defizit-Verfahren gegen Großbritannien eröffnet und gleichzeitig die Schonfrist für Schuldensünder Deutschland um einen Monat verlängert.

London muss nach wiederholtem Überschreiten der Maastrichter Defizitmarke von drei Prozent nun kräftig sparen, entschied die Kommission am Mittwoch in Brüssel. EU-Währungskommissar Joaquin Almunia kündigte an, er wolle erst Anfang Februar über den Fortgang des noch ruhenden deutschen Strafverfahrens entscheiden. Ursprünglich sollte dies schon im Januar geschehen.

London muss sein Defizit im kommenden Haushaltsjahr 2006/07 (zum 31. März) wieder unter die Maastrichter Marke von 3 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt bringen. Im laufenden Finanzjahr 2005/2006 werden rund 3,5 Prozent erwartet. Großbritannien ist nach Deutschland, Italien und Frankreich das vierte große EU-Land, das am Defizit-Pranger steht. Es drohen aber keine milliardenschweren Sanktionen, da London den Euro nicht eingeführte. Almunia erwartet eine Billigung seines Vorschlags am 24. Jänner beim EU- Finanzministertreffen. “(Schatzkanzler) Gordon Brown wird sich an die Empfehlungen halten.“

Zum Defizit-Streit mit Deutschland sagte Almunia, die Gespräche mit Finanzminister Peer Steinbrück seien noch nicht abgeschlossen. Almunia akzeptiert zwar Ziel der großen Koalition in Berlin, 2007 wieder den Euro-Stabilitätspakt einzuhalten. Er will aber das seit gut zwei Jahren auf Eis liegende Strafverfahren in Richtung von Sanktionen verschärfen. Das deutsche Defizit betrug im vergangenen Jahr rund 4 Prozent. Zu den aktuellen Berliner Plänen äußerte er sich zurückhaltend. In einigen Bereichen sollten die Ausgaben sinken, in einigen beibehalten werden und in anderen steigen.

Berlin tritt beim Defizit dafür ein, frühere Sparempfehlungen ohne Strafdrohung zu wiederholen. „In drei Wochen werden wir unsere Vorschläge machen“, kündigte der Spanier an. Das bisher nicht in Brüssel eingetroffene deutsche Stabilitätsprogramm mit den aktuellen Haushalts- und Konjunkturdaten will er dann am 22. Februar bewerten. Zu diesem Termin will sich Almunia auch zu den Defizitsündern Frankreich und Italien äußern.

Die Kommission beriet über die langfristigen Konjunktur- und Haushaltsprogramme von Dänemark, Finnland, Schweden, Slowakei, Tschechien und Ungarn. Defizitsünder Ungarn, das 2005 ein Minus von über 6 Prozent hatte, muss nach dem Willen der EU-Behörde im Spätsommer ein aktualisiertes Programm vorlegen. Sie fordert die Auflistung konkreter Sparmaßnahmen zur Haushaltssanierung. Gegen Ungarn läuft bereits ein Defizit-Strafverfahren. Prag und Bratislava bekamen ingesamt gute Noten, Almunia verlangte aber mit Blick auf die geplante Euro-Einführung „mehr Ehrgeiz“. Die nordischen Staaten Dänemark, Schweden und Finnland sind mit Haushaltsüberschüssen unproblematische Musterschüler.

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