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EU: Barroso soll umstrittene Kreuzfahrt erklären

Die umstrittene Kreuzfahrt von EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso hat das Europa-Parlament auf den Plan gerufen. SPE-Fraktionschef Martin Schulz fordert eine "lückenlose Aufklärung".

Barroso solle die Kontroverse um seinen Urlaub auf der Yacht eines griechischen Bank- und Reederei-Tycoons lückenlos aufklären, forderte der sozialdemokratische Fraktionschef Martin Schulz am Mittwoch in Brüssel. „Die Beschuldigungen dürfen weder zu Vorverurteilungen führen noch unter den Teppich gekehrt werden“, betonte Schulz. Barroso solle die Sache den Fraktionschefs erklären.

Ungeachtet der öffentlichen Kritik an seiner kostenlosen Seereise im vergangenen Sommer will Barroso über Sonderregelungen für Schifffahrtsunternehmen mitentscheiden, wie seine Sprecherin erklärte. Eine Ausnahme der Branche von den allgemeinen Wettbewerbsregeln werde „sicherlich verlängert bis zum Jahr 2010“, bestätigte der Sprecher von Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes. Dies betreffe sämtliche Reedereien, die im Seefrachtverkehr tätig seien.

Erstmals räumte Barrosos Chefsprecherin Francoise Le Bail Geschäfte zwischen der EU-Kommission und der Bankengruppe seines griechischen Gastgebers Spiro Latsis ein. Von 1999 bis 2004 habe eine Latsis-Bank alle Zahlungen der EU-Strukturfonds für Griechenland abgewickelt. Dabei geht es um mehr als 28 Milliarden Euro.

Der Vertrag sei nicht erneuert worden, weil die Bank teurer gewesen sei als ein belgischer Konkurrent. „Es gibt zur Stunde keine Verbindungen zwischen der Kommission und den Latsis-Banken“, sagte Le Bail. Die Latsis-Gruppe arbeitet auf dem Balkan aber mit EU-Geld an Projekten der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung.

Einen Interessenkonflikt zwischen Barrosos Amt an der Spitze der EU-Behörde und der Einladung von Latsis sehe sie nicht, sagte Le Bail. Barroso und der rund zehn Jahre ältere Latsis seien alte Studienfreunde: „Aber freundschaftliche Beziehungen haben nichts mit Interessenkonflikten zu tun.“ Der Verhaltenscodex für die Kommissare, der teure Geschenke verbietet, sage über Freundschaften nichts aus.

Eine Änderung des Codex sei nicht geplant, gab die Sprecherin zu verstehen. Der Versuch, eine Ethikkommission einzusetzen, war im Jahr 2001 gescheitert. SPE-Fraktionschef Schulz regte an, die Idee eine Ethikkommission zur Überwachung des Codex weiter zu verfolgen.

„Der Kommissionspräsident gibt ein sehr schlechtes Beispiel“, sagte die finnische Europa-Abgeordnete Satu Hassi. Gegenüber Beitritts- und Entwicklungsländern betone die Kommission stets, wie wichtig das Vorgehen gegen Korruption sei. Da könne der Präsident nicht einfach sagen, er sei von einem alten Freund eingeladen worden, meinte die frühere Entwicklungshilfeministerin ihres Landes. Sie habe aus ihrer Arbeit an Umweltauflagen für die Schifffahrt aber keine Hinweise darauf, dass Barroso zu Gunsten der Reeder in die Verhandlungen eingegriffen habe, sagte Hassi.

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