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EU: Bald Beitrittsverhandlungen mit Kroatien

EU-Erweiterungskommissar Günter Verheugen hat Kroatien den Beginn von Beitrittsverhandlungen für Anfang kommenden Jahres in Aussicht gestellt. London beharrt auf die Auslieferung von Gotovina.

Verheugen sagte am Mittwoch bei einem Besuch in Zagreb, er werde der kommenden luxemburgischen Ratspräsidentschaft einen Starttermin im Februar oder März 2005 vorschlagen. Der scheidende EU-Kommissar beruhigte seine kroatischen Gesprächspartner auch dahin gehend, dass es „keine neuen Bedingungen“ für das Land geben werde und Kroatien auch nicht auf andere Länder werde warten müssen.

Beim EU-Außenministerrat am Montag war deutliche Kritik an Kroatien geübt worden, weil der vom Haager Kriegsverbrechertribunal gesuchte kroatische General Ante Gotovina immer noch nicht ausgeliefert wurde. Die Haager Chefanklägerin Carla del Ponte hatte sich „enttäuscht“ darüber gezeigt, dass Gotovina im heurigen Sommer nicht festgenommen wurde, obwohl er sich vor der kroatischen Küste aufgehalten habe. Besonders kritisch ist Großbritannien. Europaminister Dennis MacShane bekräftigte am Mittwochabend in einem Interview mit dem kroatischen Fernsehen, dass Kroatien „die Verpflichtung und Verantwortung hat, Gotovina zu finden“. Jene, die Gotovina in Kroatien schützten, müssten einsehen, „dass Kroatien nur dann eine gute Zukunft hat, wenn dieses Problem gelöst wird“.

Verheugen sagte dazu bei einer Pressekonferenz mit dem kroatischen Ministerpräsidenten Ivo Sanader, er habe in Zagreb Zusicherungen bekommen, dass sie alles in ihrer Macht stehende tun würden, um das Problem Gotovina zu lösen. Del Ponte will im November einen Bericht zur Kooperation Kroatiens mit dem Haager Tribunal vorlegen. Beobachter erwarten im Fall eines kritischen Urteils eine Verschiebung des Beginns von Beitrittsverhandlungen um einige Monate. Verheugen sagte in einer Rede vor dem kroatischen Parlament, die Fortsetzung der guten Kooperation mit dem Haager Tribunal sei „lebensnotwendig“ für die EU-Beitrittsabsichten Kroatiens. Er sei aber zuversichtlich, dass Del Pontes Bericht im November positiv sein werde.

Sanader sagte nach dem Gespräch mit Verheugen, seine Regierung sei in der Lage, die Beitrittsverhandlungen „bis Mitte 2007 abzuschließen“. Kroatien wolle alle Kriterien erfüllen, betonte der Regierungschef mit Blick auf die Forderung der EU nach voller Kooperation mit dem UNO-Tribunal, der Rückkehr serbischer Flüchtlinge sowie besserer regionaler Kooperation.

Außenminister Miomir Zuzul wies im kroatischen Fernsehen Befürchtungen zurück, der Fall Gotovina könnte den Weg Kroatiens in die EU befindern. „Die Annahme ist völlig falsch, dass Kroatien mit dem Rücken zur Wand steht nach dem Motto – entweder Gotovina kommt nach Den Haag oder Kroatien kommt nicht in die EU. Das ist einfach nicht richtig“, betonte Zuzul. Die Zusammenarbeit Kroatiens mit dem Haager Tribunal sei „noch nie so gut wie in den vergangenen zehn Monaten“ gewesen, ergänzte Verteidungsministerin Vesna Skare Ozbolt in der TV-Diskussion.

Verheugen schließt seinen zweitägigen Besuch in Kroatien am Donnerstag mit einer Visite an der Küste ab. Es ist seine letzte Auslandsreise als EU-Erweiterungskommissar. Am 1. November tritt Verheugen nach der erwarteten Bestätigung durch das Europaparlament seinen neuen Posten als EU-Industriekommissar an. Für Erweiterung wird künftig der Finne Olli Rehn zuständig sein.

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