Wir können mit der Türkei nicht genauso umgehen wie mit Malta oder Ungarn, sagte der Kommissar. Fischler widersprach der Erwartung, Verhandlungen würden zwangsläufig zu einem EU-Beitritt führen. Das Ergebnis müsse offen bleiben. Jeder Automatismus ist Unsinn, sagte Fischler.
Die Brüsseler Kommission soll kommende Woche darüber entscheiden, ob die Türkei für Beitrittsgespräche reif ist. Fischler äußerte sich skeptisch über Angaben aus Ankara, das Land werde für die Union keine finanzielle Last darstellen. Das hat bis jetzt noch jeder Kandidatenstaat gesagt, sagte der Kommissar. Der absehbare Finanzbedarf der Türkei in der Strukturförderung für arme Regionen sei ein großer Finanzbrocken. Auch das Agrarsystem sei extrem unterschiedlich.
Schon während der Beitrittsgespräche mit Ankara sind nach den Worten Fischlers besondere Programme nötig, um der Landflucht in der Türkei zu begegnen. Andernfalls drohten große soziale Spannungen, es gehe darum, die Entvölkerung ganzer Landstriche zu verhindern. Fischler verlangte, die Europäische Kommission müsse die Bürger besser darüber aufklären, welche Veränderungen ein Beitritt der Türkei mit sich bringen würde.
Fischler hatte im Sommer in einem Brief an Erweiterungskommissar Günter Verheugen Vorbehalte gegen einen EU-Beitritt der Türkei geäußert. Allein im Agrarbereich könne dieser seiner Ansicht nach mehr als elf Milliarden Euro an Kosten mit sich bringen und die gemeinsame Agrarpolitik schwächen. Außerdem warnte Fischler davor, dass in der Türkei fundamentalistische Gruppierungen an die Macht kommen und den Reformweg stoppen könnten.