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EU-Abgeordnete wollen neue Mautregeln: Österreicher unzufrieden

Die neu angedachten Maut-Regeln stoßen bei den Österreichern auf Unzufriedenheit.
Die neu angedachten Maut-Regeln stoßen bei den Österreichern auf Unzufriedenheit. ©APA/BARBARA GINDL
Eine Mehrheit der EU-Abgeordneten im EU-Verkehrsausschuss wollen neue Lkw-Maut-Regeln. In Österreich reagiert man darauf mit Unzufriedenheit.

EU-Abgeordnete im Verkehrsausschuss des Europaparlaments haben sich mehrheitlich für eine Änderung der Lkw-Maut-Regeln (Eurovignette) in der EU ausgesprochen. Demnach soll ab 2029 ein Übergang von der Zeit-basierten Bemautung hin zu einer kilometerabhängigen Abgabe kommen, wie das EU-Parlament am Dienstag mitteilte. Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) wertete das Ergebnis als "herbe Enttäuschung - vor allem für die Verkehrssituation in Tirol".

Österreichische Europaabgeordnete zeigten sich unzufrieden

Auch österreichische Europaabgeordnete, die gegen den Entwurf stimmten, reagierten unzufrieden. "Es fehlt an allen Ecken und Enden", sagte die ÖVP-Verkehrssprecherin, die Tirolerin Barbara Thaler. "Wir müssen zurück zum Verhandlungstisch für einen besseren Kompromiss im Sinne von Umweltzielen, Kostenwahrheit und Verlagerung des Verkehrs auf die Schiene", forderte sie. Auch SPÖ-EU-Delegationsleiter Andreas Schieder kritisierte das mit 28 zu 21 Stimmen im Verkehrsausschuss angenommene Verhandlungsergebnis über die Eurovignette: "Die Auswirkungen des immer weiter wachsenden LKW-Verkehrs bedeuten für die betroffene Bevölkerung jeden Tag mehr Lärm, mehr Staus und schlechte Luft."

Nach dem Abstimmungsergebnis sollen "Vignetten" auf dem Kernnetz der EU (TEN-T) ab 2029 für Lkw und Busse Transport auslaufen und durch kilometerabhängige Abgaben ersetzt werden. Die Mitgliedstaaten können Vignetten aber auf speziellen Abschnitten beibehalten, wenn sie nachweisen können, dass ein neuer Modus unverhältnismäßig zu den erwarteten Einnahmen wäre. Drei Jahre nach Inkrafttreten der neuen Regeln müssten die Staaten auch über die Verwendung der Einnahmen berichten.

Gewessler: Grundproblem trotz Verbesserungen nicht gelöst

"Trotz kleinerer Verbesserungen wird das Grundproblem nicht gelöst. Die Menschen in Tirol brauchen eine wirksame Entlastung von Lärm, schlechter Luft und Stau", sagte Gewessler laut Aussendung am Dienstag. "Die Belastungsgrenze ist erreicht. Österreich kann nicht einen so großen des Nord-Süd-Transits in der EU ertragen, ohne rasch weitere wirksame Maßnahmen zur Verlagerung auf die Bahn setzen zu können." Es sei dringend notwendig, dass das Parlament beim tatsächlichen Beschluss im Herbst Verbesserungen von EU-Kommission und Rat einmahne. Gewessler stellte sich hinter die Notmaßnahmen der Tiroler Landesregierung. "Denn auch die EU muss auf die ganz spezielle Situation am Brenner Rücksicht nehmen."

Platter äußert erneut Unzufriedenheit über mögliche Eurovignette

Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) zeigte sich erneut massiv unzufrieden mit dem Vorschlag für die Eurovignette. Dieser bringe "keine Entlastung, sondern verstärkt die Tiroler Transitproblematik", sagte Platter auf APA-Anfrage: "Dieser Entwurf widerspricht klar den Klimazielen der Kommissionspräsidentin und torpediert unsere Bestrebungen, Güter auf der Schiene zu transportieren". Die EU-Abgeordneten würden damit an den Problemen der Menschen vorbei handeln. Der Landeshauptmann hoffte, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen ist. "Wir werden vehement Kostenwahrheit auf der Straße und die Selbstbestimmung bei der Gestaltung der Mauttarife einfordern und als letzte Konsequenz unsere Dosierungen weiterführen", kündigte Platter an. Er erwartete sich auch die "Unterstützung der Bundesregierung im Sinne des Transitkapitels im Regierungsübereinkommen".

Platters Stellvertreterin, Verkehrslandesrätin Ingrid Felipe (Grüne), nannte das Abstimmungsergebnis eine "Enttäuschung". Es sei aber "nicht bindend und ebenso nicht endgültig". "Wir werden bis zur endgültigen Entscheidung im September nicht nachlassen und auf allen politischen und diplomatischen Ebenen versuchen, die Mehrheiten zu ändern", so Felipe.

"Die Verhandlungen waren auf einem guten Weg, nur leider hätten wir einfach mehr Zeit gebraucht", sagte indes Abgeordnete Thaler. Was nunmehr vorliege sei "unausgegoren, nicht zielführend und schlicht und einfach nicht gut. Das ist nicht mein Verständnis einer modernen europäischen Verkehrspolitik", zeigt sie sich enttäuscht. Thaler nannte drei Hauptkritikpunkte an dem Entwurf: eine CO2-Differenzierung bei den Infrastrukturaufschlägen, also eine günstigere Maut für Elektro- und Wasserstoff-LKW, das Vetorecht von Nachbarländern auf Mautaufschläge und die fehlende Zweckwidmung der Umweltaufschläge für den Verkehrssektor.

Schieder kritisiert fehlende Anreize

Die vorliegende Einigung werde dem Anspruch 'Wer verschmutzt, bezahlt' nicht gerecht, so Schieder. "Vor allem, dass Anrainerstaaten ein Vetorecht eingeräumt wird, ist ein untragbarer Zustand. Wenn Deutschland und Italien zum Beispiel eine höhere Brennermaut verhindern können, macht die Reform aus Sicht der Transit-geplagten Tiroler Bevölkerung keinen Sinn", kritisierte der SPÖ-Europaabgeordnete. Falls die Reform dazu führe, dass in Zukunft mehr emissionsarme und emissionsfreie Fahrzeuge im Straßengüterverkehr zum Einsatz kommen werden, sei das zwar zu begrüßen, aber das allein werde nicht ausreichen. "Es finden sich nicht genügend Anreize, um den Verkehr mehr und mehr auf die Schiene zu verlagern", so Schieder.

Kritik von der Tiroler FPÖ an Bundes- und Landesregierung

Die Tiroler FPÖ sah die Verantwortung für das Abstimmungsergebnis auch bei der Bundes- sowie der Tiroler Landesregierung. "Die schwarz-grüne Landesregierung hat auf die falschen Verbündeten gesetzt. Mit unserer Lage im Zentrum Europas sollten eigentlich wir die Zügel in der Hand haben. Stattdessen liefern wir uns selbst einem falsch verstandenen freien Warenverkehr aus, ohne eine Alternative anzubieten", erklärte LAbg. Verkehrssprecherin Evelyn Achhorner. Bund und Land dürften sich nicht nur "als Opfer inszenieren". Die Tiroler NEOS zeigten sich wiederum "empört". "Gerade für die Brenner-Region wäre es ein Schlag ins Gesicht, wenn die Eurovignette in ihrer jetzigen Fassung auch im Parlament durchgeht", ließ Landtagsabgeordneter Andreas Leitgeb wissen.

Scharfe Kritik setzte es auch von Transitforum Austria-Tirol-Obmann Fritz Gurgiser. Es handle sich um einen seit 26 Jahren "herangeschlampten Kompromiss", der nicht mehr zu verbessern sei. Es könne kein "sinnloses, weitere Verhandeln" geben, meinte Gurgiser und forderte ein österreichisches Veto.

Die Reform der Eurovignette muss vom EU-Parlament und den Verkehrsministern gemeinsam beschlossen werden.

(APA/Red)

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