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"Es hat nicht sein sollen"

Der deutsche„Tagesspiegel“ kommentiert: Schwarz-Grün setzt eine weniger “überhebliche“ ÖVP voraus. Die Alternative FPÖ ist aber langweiliger und „bedenklicher“.

„Es hat nicht sollen sein. Schwarz und Grün gehen in Österreich nun doch getrennte Wege, eine für Europa modellhafte Koalition ist in weite Ferne gerückt. Der tosende Applaus, mit dem der Grünen-Bundesvorstand das Scheitern der Verhandlungen gefeiert hat, war deutliches Zeichen der Erleichterung“, kommentiert die deutsche Zeitung „Der Tagesspiegel“ das Ende der Koalitionsgespräche von ÖVP und Grünen. „Es war ein Versuch. Beide Partner haben ihn ernsthaft, bis zur Einsicht in den Abgrund der unerlässlichen Konsequenzen vorangetrieben. Beide wissen jetzt, was für eine in Europa innovative Koalition zu tun wäre. Auf Wiedervorlage also. Mit einer kleineren, nicht mehr ganz so überheblichen ÖVP sollte es eines Tages gehen.“

„Alles, was jetzt in Österreich an Regierungsmöglichkeiten offen bleibt, ist nicht nur langweiliger, sondern auch bedenklicher als ein schwarz-grünes Wagnis: Die SPÖ ist immer noch die unbewegliche, in Altkadern und Strukturen einbetonierte Gewohnheitspartei, die von ihrem Machtanspruch so überzeugt ist, dass sie sich um die Bedürfnisse des Wählers nicht mehr kümmert. Und von der FPÖ ist außer einem intern streitenden, gegenüber der ÖVP schmierig-liebedienerischen Häufchen nichts mehr übrig geblieben. Ganz abgesehen davon, dass die ÖVP an der Seite der FPÖ ihren Kurs des eigenen Machtausbaus, der sozialen Rücksichtslosigkeit und des autoritären Durchgreifens etwa gegen Asylbewerber fortsetzen kann.“

„Und das ist die andere Seite dieses Scheiterns: Die Grünen mögen der ÖVP, die im Bund mit der FPÖ deutlich nach rechts gerückt ist, zum Ausgleich dessen extra viel abverlangt haben. Aber letztlich war es die ÖVP, die den Schwenk nicht geschafft hat. Sie hätte sich in Richtung Soziales, weiter auf eine gesamtstaatliche Verantwortung hin bewegen müssen. Aber der Kurs, die Interessen der Wirtschaft und der Wohlhabenden zu betreiben, der war mit der FPÖ für zwei Legislaturperioden vereinbart. Diesen Zug wollte die ÖVP nicht mitten in der Fahrt anhalten. Insofern hat sich auch die ÖVP in ihre behagliche, von der eigenen Klientel gepolsterte Ecke zurückgezogen. Daran, egal welche Punkte man nun zu den Stolpersteinen stilisiert, ist die Sache gescheitert.“

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