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"Es gibt kein Patentrezept"

Für Verhandlungen mit Geiselnehmern gibt es "kein Patentrezept": Wie man auf den Täter eingeht, kristallisiert sich im Laufe der Gespräche heraus.

Das sagte Major Gerhard Winkler von der Wiener Kriminaldirektion 1 (KD 1), Leiter des Verhandlungsteams, das am Dienstag mit dem Geiselnehmer Günter B. in Verbindung stand. Die von der Gruppe Schaffer geführten Verhandlungen mit dem 39-Jährigen in der Bawag-Filiale in der Mariahilfer Straße 22 gestalteten sich als schwierig.

Der Täter hatte starke Stimmungsschwankungen, sagte Winkler. „Seine Emotionslage war anfangs weinerlich und depressiv.“ Später legte Günter B. auch aggressives Verhalten an den Tag. „Es gab immer wieder einen Wechsel in der Stimmungslage.“

Schnell kristallisierte sich heraus, dass sich der Wiener in einer Lebenskrise befindet. Seine Freundin hatte ihn verlassen und ihn kurz vor der Tat mit ihrem neuen Lebensgefährten besucht, ergaben schon erste Erhebungen im Umfeld des Täters. Die Nacht hatte er mit Freunden durchgemacht.

Mit diesen Informationen ging es in die weiteren Verhandlungen. „Dass das gekippt wäre, die Gefahr kam nicht auf“, sagte Winkler. Es habe aber ein paar Sachen gegeben, „die ihn gestört haben“. Günter B. hatte eine Verbindung zur Außenwelt per Internet und verfolgte die Medienberichte mit. „Ein Anruf von einem Medienvertreter ist schon ein Gefahrenpotenzial“, kritisierte der Major.

„Eine paradoxe Situation: Obwohl er die Trennung von seiner Freundin mit eine Ursache war, hatte er mit ihr noch immer einen guten Kontakt“, erläuterte Winkler. Das hätten sich die Verhandler zu Nutze machen können: Vorsorglich brachte die Polizei die Frau zum Tatort, damit sie in die Gespräche eingreifen hätte können, wenn es notwendig geworden wäre. Auch die Freunde, mit denen der 39-Jährige in der Nacht zuvor unterwegs gewesen war, und sein Bruder standen bereit.

Wann solche Vertrauten eines Täters hinzugezogen werden, sei eine Entscheidung des Verhandlungsteams, so Winkler. „Das ergibt sich aus der Gesprächssituation. Da gibt’s kein 08/15-Programm.“

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