Aus einer Demonstration von rund 3.000 Schülern lösten sich rund 200 Jugendliche heraus und bewarfen Polizisten mit Molotow-Cocktails und Steinen. Die konservative griechische Regierung gerät wegen der seit Tagen andauernden schweren Krawalle zunehmend unter Druck.
Ministerpräsident Kostas Karamanlis beriet am Dienstag mit Präsident Karolos Papoulis nach Wegen zur Beendigung der Gewalt und wollte später auch mit anderen Spitzenpolitikern konferieren. “Niemand hat das Recht, diesen tragischen Vorfall als Alibi für Aktionen der rohen Gewalt zu missbrauchen, für Aktionen gegen unschuldige Menschen, gegen ihr Eigentum, gegen die ganze Gesellschaft und gegen die Demokratie”, sagte Karamanlis. Unruhestifter könnten nicht mit Nachsicht rechnen.
Der Vorsitzende der oppositionellen Sozialisten (PASOK), Giorgios Papandreou, warf dem Kabinett vor, verantwortlich für die Ausschreitungen zu sein: “Die Regierung ist gefährlich geworden für Griechenland und das griechische Volk.” Die Krawalle seien Folge der Regierungspolitik. Die Partei des Regierungschefs verfügt im Parlament über eine Mehrheit von nur einer Stimme.
Schüler hatten sich am Dienstag auf dem Syntagma-Platz vor dem Parlament versammelt, um an des getöteten Jugendlichen zu gedenken. An der Spitze des Demonstrationszugs hielten Lehrer ein Spruchband mit der Aufschrift “Verantwortlich ist die Regierung” hoch. In Thessaloniki marschierten Demonstranten mit Transparenten, auf denen “Der Staat tötet” oder “Alexis, du lebst und du führst uns an” geschrieben stand. Es kam in beiden Städten erneut zu Ausschreitungen, die Polizei setzte Tränengas ein.
Der 15-Jährige war am Samstag durch eine Polizeikugel getötet worden. Seine Beerdigung begann um 14.00 Uhr (MEZ) im südlichen Athener Stadtteil Paleo Faliro. Anlässlich seiner Beisetzung blieben alle Schulen und Universitäten in Griechenland geschlossen. Zwei Polizisten sitzen wegen der Erschießung des 15-Jährigen in Untersuchungshaft.
“Auf den Straßen trauert heute eine ganze Generation”, sagte Papandreou und rief zu friedlichen Protesten am Tag der Beisetzung auf. Die Menschen sollten “gegen die Gewalt des Staates demonstrieren, gegen die Gewalt gegen Landsleute”. Für Mittwoch riefen die Gewerkschaften zu einem Generalstreik auf. Der Sozialistenchef verurteilte die Ausschreitungen aufs Schärfste und nahm dennoch die Jugend des Landes vor pauschale Verurteilungen in Schutz.
Das Ausmaß der angerichteten Schäden konnte am Dienstag noch nicht beziffert werden. In Athen waren zahlreiche Geschäfte sowie Hotels, Banken und Autos in Brand gesetzt worden. Auch ein vierstöckiges Gebäude der Fluggesellschaft Olympic Airways brannte völlig aus. Linksgerichtete Demonstranten hatten in der Nacht auf Dienstag erneut Polizeibeamte mit Brandsätzen angegriffen und in zahlreichen Geschäften Feuer gelegt.
Der Weihnachtsbaum auf dem Syntagma-Platz ging in Flammen auf. “Diese Leute haben vor nichts Achtung”, klagte Athens Bürgermeister Nikitas Kaklamanis. Die Weihnachtsfeiern der Stadt würden aber wie geplant stattfinden, um den Unruhestiftern nicht die Befriedigung eines Erfolgserlebnisses zu geben.
Die Polizei meldete am Montag 89 Verhaftungen. Mehr als 100 weitere Personen wurden festgenommen und vernommen. Mindestens zwölf Polizisten wurden verletzt, die Zahl der verletzten Jugendlichen ist nicht bekannt. Die Unruhen erfassten zahlreiche weitere Städte zwischen Thessaloniki im Norden und den Inseln Kreta und Korfu.